Berlin, 26. Sep (Reuters) - US-Präsident Donald Trump hat eine neue Runde von Strafzöllen angekündigt. Auf Markenmedikamente sollen ab dem 1. Oktober 100 Prozent fällig werden, auf schwere Lastwagen 25 Prozent. Zudem sollen Zölle von 50 Prozent auf Küchenschränke und Badezimmerwaschtische sowie 30 Prozent auf Polstermöbel gelten. Trump kündigte die Maßnahmen am Donnerstag auf seiner Plattform Truth Social an. Experten sagten dazu in ersten Kommentaren:
MONIKA BOVEN, SENIOR ANALYST DZ BANK:
"Viel mehr als ein Social Media Post ist es bisher nicht – trotzdem versetzt der US-Präsident mit seiner jüngsten Zollankündigung die Wirtschaftswelt erneut in Aufregung. Einfuhrabgaben in Höhe von 100 Prozent auf Pharmaprodukte würden vor allem die EU und Deutschland hart treffen. Denn die USA sind für die hiesigen Pharmafirmen der wichtigste Exportmarkt. Wenn man das derzeit gültige Rahmenabkommen zwischen den USA und der EU ernst nimmt, wären die Europäer von der neuen Ankündigung Trumps nicht betroffen. Im bestehenden Abkommen gelten US-Einfuhrzölle in Höhe von 15 Prozent auf fast alle Produkte – einschließlich Pharmaerzeugnissen. Da US-Produkte gleichzeitig bei der Einfuhr nach Europa aktuell weitestgehend zollfrei bleiben sollen, haben die Amerikaner mit dem derzeitigen Abkommen grundsätzlich den besseren "Deal' abgeschlossen. Eine Abkehr davon wäre somit für die USA ein Eigentor."
CYRUS DE LA RUBIA, CHEFÖKONOM HAMBURG COMMERCIAL BANK:
"Die Tinte unter dem neuen Abkommen ist noch nicht ganz getrocknet und schon wirft Donald Trump mit neuen Zöllen scheinbar alles wieder über den Haufen. In Wirklichkeit hat das Abkommen von Ende Juli für weite Teile des bilateralen Handels keine Regelungen festgelegt, sondern sich im Wesentlichen auf Autos und Autoteile konzentriert. Arzneimittel etwa blieben in dem Abkommen unberücksichtigt. Gerade die Pharmabranche ist mit ihrem hohen Exportanteil und der großen Bedeutung der USA als Zielmarkt besonders stark gegenüber den Vereinigten Staaten exponiert.(...)
Die Abhängigkeit der USA von EU-Importen ist in einigen Produktkategorien wesentlich höher als man das bisher allgemein angenommen hatte. Beispielsweise importieren die USA Insulinpräparate zu 90 Prozent aus der EU. Bei der breiten Palette an chemischen Produkten, die die USA einführen, stammen fast 30 Prozent aus der Europäischen Union, ebenso im Sektor der Maschinen und elektrotechnischen Geräte. Diesen Hebel sollte die EU einsetzen, auch wenn die Gemeinschaft natürlich auf den militärischen Schutzschirm der USA angewiesen bleibt."
JÖRG KRÄMER, CHEFVOLKSWIRT COMMERZBANK:
"Gestern verkündete Trump über die sozialen Medien die noch ausstehende Entscheidung über die Pharmazölle. Danach soll ab 1. Oktober ein 100-prozentiger Zollsatz auf alle patentgeschützten Medikamente anfallen, sofern die Hersteller keine US-Produktion aufbauen. Unklar ist aber, wer am Ende die Zölle tatsächlich zahlen wird. Rein technisch ist die Antwort einfach: Der US-Importeur zahlt die Zölle an die amerikanische Zollbehörde.
Kurzfristig kann der Importeur auf Zollerhöhungen auch kaum reagieren, wenn er an Lieferverträge ohne entsprechende Anpassungsklauseln gebunden ist und er die Preise für seine Kunden nicht massiv anheben kann. Mittelfristig wird er jedoch versuchen, zumindest einen Teil dieser Kosten an den ausländischen Exporteur und/oder an seine US-Kunden weiterzugeben. Entsprechend wird er versuchen, seinen Einkaufspreis vor Zöllen herunterzuverhandeln und seinen eigenen Verkaufspreis anzuheben.