Washington, 02. Sep (Reuters) - Im US-Kongress tickt wieder einmal die Uhr: Nur noch bis Ende des Monats bleibt Zeit, ein Gesetz zu verabschieden, das im Ringen um den Umfang neuer Schulden einen teilweisen Stillstand der Regierung abwendet - den sogenannten Shutdown. Die Staatsmaschinerie wird in diesem Fall heruntergefahren, wenn die rechtliche Basis für die Bewilligung von Haushaltsmitteln ausläuft und sich Parlament und Präsident nicht rechtzeitig über weitere Haushaltsmittel einigen.
Immer wieder kommt es im US-Parlament zu dieser kniffligen Situation, die oft erst in buchstäblicher letzter Minute gelöst wurde. Mehrfach verstrich die Frist allerdings und die Folge waren zum Teil mehrtägige Shutdowns. Es folgen einige Stichpunkte zu dem immer wiederkehrenden Ringen um die Balance zwischen Schulden und Ausgaben im Washingtoner Kapitol, bei der für Wirtschaft, Bürger und auch die US-Beamten viel auf dem Spiel steht.
DIE SCHULDENOBERGRENZE
Die USA haben eine gesetzlich festgelegte Grenze, wie viel neue Schulden die Regierung zur Begleichung ihrer Ausgaben machen kann. Das Limit wird in relativ regelmäßigen Abständen angehoben, dem muss aber der Kongress zustimmen. Wird die Obergrenze nicht erhöht, kann der Staat kein weiteres Geld leihen, seinen Verbindlichkeiten nicht nachkommen und auch seine fällig werdenden Altschulden nicht begleichen.
DIE FRIST
Der Kongress soll vor dem 1. Oktober, dem Beginn des Haushaltsjahres, insgesamt 438 Regierungsbehörden Mittel zuweisen. Doch die Abgeordneten halten diese Frist selten ein und verabschieden routinemäßig vorübergehende Ausgabengesetze, um den Regierungsbetrieb aufrechtzuerhalten. Lassen sie diese Mittel auslaufen, müssen die Regierungsbehörden alle nicht als "wesentlich" erachteten Arbeiten einstellen.
DIE POLITISCHE KONSTELLATION
In dem zunehmend polarisierten politischen Klima in den USA tun sich Demokraten und Republikaner schwer, einen gemeinsamen Nenner zu finden. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass Verhandlungen bis zum letzten Drücker dauern. Diese Spannungen haben sich unter Präsident Donald Trump noch verschärft. Seit seinem Amtsantritt hat er mehrere Regierungsbehörden aufgelöst, den Abgang Hunderttausender Beamter in die Wege geleitet und sich geweigert, vom Kongress genehmigte Milliarden Dollar auszugeben. Trumps republikanische Parteikollegen haben diese Schritte begrüßt, obwohl sie die Macht des Kongresses in Haushaltsfragen untergraben, während die Demokraten Trump nicht stoppen konnten.
Die Republikaner kontrollieren sowohl das Repräsentantenhaus als auch den Senat, benötigen aber mindestens sieben demokratische Stimmen im 100 Sitze umfassenden Senat, um ein Ausgabengesetz zu verabschieden. Dies verschafft der Minderheitspartei einen gewissen Einfluss.
WELCHE AUSWIRKUNGEN HAT EIN REGIERUNGS-SHUTDOWN?
Laut Kongress-Daten gab es seit 1981 insgesamt 14 Shutdowns, viele davon dauerten nur ein oder zwei Tage. Der jüngste war zugleich der längste: Er dauerte 35 Tage - von Dezember 2018 bis Januar 2019, während Trumps erster Amtszeit. Grund war ein Streit zwischen dem Präsidenten und dem Kongress über die Grenzsicherheit.
Bei einem Shutdown drohen Hunderttausende Bundesangestellte ohne Bezahlung beurlaubt zu werden. Eine Vielzahl von Dienstleistungen könnten unterbrochen werden, von der Finanzaufsicht bis zur Müllabfuhr in Nationalparks.
Shutdowns, die nur wenige Tage dauern, haben kaum praktische Auswirkungen, insbesondere wenn sie über ein Wochenende stattfinden. Die Gesamtwirtschaft könnte jedoch leiden, wenn Bundesangestellte nach zwei Wochen keine Gehaltsschecks mehr erhalten.
DER FAKTOR TRUMP
Der Shutdown 2018–2019 kostete die Wirtschaft laut dem Congressional Budget Office rund drei Milliarden US-Dollar, was 0,02 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) entspricht. Dieses Mal würde ein längerer Shutdown wohl noch mehr Turbulenzen verursachen, da Trumps Handelskriege und Auseinandersetzungen mit der Notenbank bereits für Unsicherheit in der Weltwirtschaft gesorgt haben.
WELCHE FUNKTIONEN GELTEN ALS KRITISCH?
Jede Abteilung und Behörde verfügt über einen Notfallplan, der festlegt, welche Mitarbeiter ohne Bezahlung weiterarbeiten müssen. Im Shutdown 2018/19 wurden rund 800.000 der 2,2 Millionen Beschäftigten der Bundesregierung beurlaubt. Die Regierung hielt allerdings die 63 Nationalparks geöffnet: Öffentliche Toiletten und Informationsschalter blieben jedoch geschlossen und auch die Müllentsorgung wurde eingestellt.