Berlin, 26. Aug (Reuters) - US-Präsident Donald Trump hat die Fed-Gouverneurin Lisa Cook entlassen. Es gebe ausreichende Beweise dafür, dass Cook bei Hypothekenanträgen falsche Angaben gemacht habe, schrieb Trump am Montag (Ortszeit). Cook, die erste afroamerikanische Frau im Direktorium der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), hatte bisher alle Forderungen nach ihrem Rücktritt zurückgewiesen. Experten sagten in ersten Reaktionen:
HOLGER SCHMIEDING, CHEFVOLKSWIRT BERENBERG BANK:
"US-Präsident Trump will die Fed unter seine Kontrolle bringen und mit brachialem Druck niedrigere Zinsen durchsetzen. Er entlässt Fed Gouverneurin Lisa Cook. Trump will mit radikalen Zinssenkungen die Schäden seiner Wirtschaftspolitik kaschieren und zudem der zögernden Fed die Schuld für jeden Rückschlag der Konjunktur geben. Das ist ein gefährliches Spiel.
Mit Fehlbeträgen bei knapp sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes ist die US-Haushaltspolitik nicht nachhaltig. Eines Tages wird der Finanzmarkt die USA durch einen Einbruch des Dollars und einen kräftigen Anstieg der Renditen für Staatsanleihen am langen Ende zu einer Korrektur mit höheren Steuern zwingen. Als Weltmacht Nummer 1 und traditionell sicherer Hafen können die USA sich zwar weit mehr leisten als andere Länder. Aber nicht für immer. Deshalb erwarten wir seit der Rückkehr von Trump ins Weiße Haus, dass es innerhalb der kommenden fünf Jahre zu einer Art Finanzkrise in den USA kommt, in der Anleger aus dem Dollar und US-Anleihen flüchten.
Allerdings noch nicht innerhalb der nächsten zwei Jahre. Es gibt keine klare Alternative zum US-Dollar. Auch dank des KI-Booms genießt die innovationsfreudige US-Wirtschaft derzeit viel Vertrauen bei Anlegern. Aber je mehr es Trump gelingen sollte, die Fed zu unangemessen niedrigen Zinsen und damit de facto zu einer Inflationspolitik zu zwingen, desto mehr steigt das Risiko, dass es auch innerhalb der nächsten Jahre schon unruhig werden könnte."
JÜRGEN MOLNAR, KAPITALMARKTSTRATEGE ROBOMARKETS:
"Die sich fortsetzende Einmischung Trumps in die Personalpolitik der US-Notenbank verdrängt die am Freitag angekündigte Zinssenkung für September aus den Köpfen der Investoren. Ihnen ist eine politisch unabhängige Geldpolitik wichtiger als 25 Basispunkte weniger Leitzins. Die angeordnete Entlassung der Gouverneurin Lisa Cook könnte auch ein Versuchsballon sein, bevor der US-Präsident am Stuhl des Fed-Chefs Jerome Powell weitersägt. Wer erwartet hatte, das Thema sei erledigt, hat sich einmal mehr im autoritären Führungsstil Trumps getäuscht."
CYRUS DE LA RUBIA, CHEFVOLKSWIRT HAMBURG COMMERCIAL BANK:
"Das Manöver ist durchsichtig und perfide. Trump geht es nicht nur um die unmittelbare Mehrheit, die er im siebenköpfigen Fed-Direktorium schaffen kann, wenn er Cook ersetzt. Es geht ihm auch darum, die Wiederernennung der Fed-Präsidenten der zwölf Fed-Distrikte zu beeinflussen, was am 1. März 2026 für alle Fed-Präsidenten ansteht. Denn die Ernennung dieser Positionen muss von dem Direktorium abgesegnet werden. Auf diese Weise kann der US-Präsident innerhalb kürzester Zeit die Mehrheitsverhältnisse im FOMC-Rat zu seinen Gunsten drehen. Es besteht kaum noch Zweifel daran, dass spätestens ab dem 15. Mai 2026, wenn die Amtszeit von Jerome Powell als Fed-Präsident endet, die Fed hochgradig politisiert sein wird und eine Zinssenkungspolitik verfolgen wird, die der Inflationsentwicklung relativ wenig Beachtung schenken wird. Es geht offensichtlich in die Richtung eine Erdoganschen Zentralbankpolitik.
Falls Lisa Cook sich weiterhin weigert zurückzutreten, dürfte es zu einem offenen Machtkampf zwischen der Fed und der Regierung kommen, der dann vermutlich vor Gericht geklärt wird. Sollte das Gericht den Rauswurf Cooks als nicht rechtmäßig einordnen, dürften sich die Angriffe Trumps fortsetzen, vielleicht würde er den Fokus auf eine andere Person richten. Sollte das Gericht die Rechtmäßigkeit des Rauswurfs feststellen, wäre die Einflussnahme der Regierung auf die Fed offensichtlich. So oder so ist Donald Trump dabei, der Glaubwürdigkeit der Fed einen erheblichen Schaden zuzufügen, der für das Verfehlen des Inflationsziels von zwei Prozent sowie einen deutlich schwächeren US-Dollar spricht."