26. Aug (Reuters) - Der Chef des US-Notenbankbezirks New York, John Williams, sieht kein Ende der Ära dauerhaft niedriger Zinsen. Die langfristigen globalen Trends bei Demografie und Produktivitätswachstum, die den neutralen Zins gedrückt hätten, hätten sich nicht umgekehrt, sagte Williams am Montag laut einem vorab verbreiteten Redetext für eine Konferenz in Mexiko-Stadt. Der neutrale Zins, auch "R-Star" genannt, bezeichnet das Zinsniveau, das die Wirtschaft weder bremst noch ankurbelt. "Die Ära eines niedrigen R-Star scheint noch lange nicht vorbei zu sein", hieß es im Redetext. Zur aktuellen Geldpolitik äußerte sich Williams nicht.
Die Äußerungen von Williams stehen im Kontrast zur jüngsten Tendenz innerhalb der US-Notenbank Fed. Dort hatten einige Vertreter ihre Schätzungen für das langfristige Zinsziel angehoben, was auf eine grundlegende Verschiebung hin zu höheren Finanzierungskosten hindeutet. Williams zufolge liegt der wachstumsbereinigte neutrale Zins für die USA, die Euro-Zone, Großbritannien und Kanada bei etwa 0,5 Prozent und damit auf einem ähnlichen Niveau wie vor der Corona-Pandemie. Er räumte jedoch ein, dass die hohe Inflation der vergangenen Jahre die Schätzung des neutralen Zinses erschwert habe. Entscheider seien gut beraten, angesichts der Unsicherheiten nicht zu viel Vertrauen in präzise Schätzungen zu setzen, so Williams.
Erst am vergangenen Freitag hatte Fed-Chef Jerome Powell auf der wichtigen Notenbankkonferenz in Jackson Hole die Tür für eine Zinssenkung im September geöffnet und auf wachsende Risiken für den Arbeitsmarkt verwiesen. An den Finanzmärkten stieg daraufhin die Wahrscheinlichkeit für einen solchen Schritt deutlich an. Die US-Notenbank hatte den Leitzins zuletzt in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent belassen und sich damit dem Druck von US-Präsident Donald Trump widersetzt, der seit längerem niedrigere Zinsen fordert.