Berlin, 07. Aug (Reuters) - Die deutschen Exporte sind im Juni trotz eines erneut schrumpfenden US-Geschäfts überraschend kräftig gestiegen. Sie wuchsen um 0,8 Prozent im Vergleich zum Vormonat auf 130,5 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Dagegen schrumpfte die Produktion unerwartet deutlich um 1,9 Prozent zum Mai. Ökonomen sagten in ersten Reaktionen:
JÖRG KRÄMER, COMMERZBANK-CHEFVOLKSWIRT:
"Der Einbruch der Industrieproduktion im Juni stützt das Bild, dass sich die Industrie in den kommenden Quartalen nur sehr zögerlich aus dem Tal der Tränen herausarbeiten wird. Das liegt auch an Trumps massiven Zollerhöhungen. Die haben die deutschen US-Exporte mittlerweile dreimal in Folge fallen lassen, was aber vor allem eine Gegenbewegung zu den vorherigen zollbedingten Vorzieheffekten ist. Wichtiger ist die wahrscheinliche langfristige Schwäche des US-Geschäfts. So dürften die höheren Zölle die preisbereinigten Exporte in die USA in den kommenden zwei Jahren um schätzungsweise 20 bis 25 Prozent fallen lassen."
JENS OLIVER NIKLASCH, LBBW:
"Die Zahlen zeigen, dass es im zweiten Quartal hinten heraus deutlicher abwärts ging. Die Produktion sank sogar so stark, dass sie auf einem Fünf-Jahres-Tief liegt. Nimmt man den gestrigen Auftragseingang, dann dürfte das dritte Quartal ein deutliches Minus für das deutsche BIP bringen. Das dürfte auch die Botschaft der heutigen Außenhandelszahlen sein. Besonderes Augenmerk verdienen die Daten zum Handel mit den USA. Dort ist im Juni der dritte Rückgang in Folge zu verzeichnen. Mit den aktuellen Zöllen dürfte es nun nicht besser werden. Allerdings sinken die Zölle für Pkw, was die Gesamtbetrachtung erschwert. Alles in allem geht es aber jetzt vermutlich erst noch einmal abwärts, bevor sich die Konjunkturlage im kommenden Jahr – hoffentlich – verbessert."
ALEXANDER KRÜGER, CHEFVOLKSWIRT HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:
"Der Rückgang der Produktion ist am Ende doch deutlicher ausgefallen als erwartet. Die deutliche Abwärtsrevision des Mai-Ergebnisses trübt das Produktionsbild zusätzlich ein. Die Produktion sitzt im Tal jedenfalls weiter fest. Höhere US-Zölle und schwierige Standortbedingungen werden das Leben vorerst weiter erschweren. An eine höhere Kapazitätsauslastung ist vorerst nicht zu denken. Für die Industrie sieht es weiter nicht gut aus, eventuell liegt der Produktionsboden sogar tiefer. Die Fiskal-Bazooka dürfte die Lage im kommenden Jahr aufhellen.
Nach zwei Monaten mit dickem Minus hilft der Exportzuwachs beim Durchatmen. Weil Vorzieheffekte im ersten Quartal erfolgt sind, hängt das zweite Quartal nun durch. Wegen der US-Zölle wird der Sektor vorerst kaum zu einer höheren Dynamik finden. Als Langfrist-To-do gilt es, Lieferketten neu zu sortieren und neue Handelspartner zu finden."