Powell: US-Notenbank zieht bei Strategiecheck Lehren aus Inflationswelle

Washington, 15. Mai (Reuters) - Die US-Notenbank zieht Lehren aus der jüngsten Inflationswelle und passt ihre geldpolitische Strategie an. Dies kündigte Fed-Chef Jerome Powell am Donnerstag auf einer Fachkonferenz in Washington an. Im Rahmen der aktuellen Überprüfung diskutiere der für die Zinspolitik zuständige Offenmarktausschuss die Erkenntnisse der vergangenen fünf Jahre. Die Prüfung solle in den kommenden Monaten abgeschlossen werden. Auch Verbesserungen auf der Kommunikationsebene werden demnach erwogen, insbesondere mit Blick auf die Rolle von Prognosen und bezüglich Unsicherheit. Die geldpolitische Strategie wurde zuletzt 2020 und so mitten in der Corona-Pandemie neu justiert.

"Das wirtschaftliche Umfeld hat sich seit 2020 erheblich verändert, und unsere Überprüfung wird unsere Einschätzung dieser Veränderungen widerspiegeln", sagte Powell. Dabei geht es auch um eine Abkehr von dem Spielraum, den sich die Notenbank damals beim Ansteuern ihres Inflationsziels von zwei Prozent eingeräumt hatte. Powell betonte, angesichts der Erfahrungen mit der erhöhten Inflation sei die Überlegung irrelevant, nach einer längeren Phase niedriger Inflation auch für längere Zeit eine moderat über das Ziel hinausschießende Teuerungsrate zu tolerieren.

Bei der zurückliegenden Überprüfung des Rahmenwerks 2020 wurde unter dem Eindruck massiver Entlassungswellen während der Virus-Krise Vollbeschäftigung oberste Priorität eingeräumt. Sie wurde als "breit angelegtes und integratives Ziel" festgelegt. Zugleich geriet der Spielraum beim Ansteuern des Inflationsziels von zwei Prozent angesichts der Teuerungswelle der vergangenen Jahre in die Kritik. "Die Inflation, die einige Monate nach der Bekanntgabe der Änderungen eintrat, war weder beabsichtigt noch moderat. Ich habe dies bereits 2021 öffentlich eingeräumt", betonte Powell. Die Notenbank habe daher auf den Rest des Rahmenwerks zurückgegriffen, der eine traditionelle Inflationssteuerung vorsah.

Eine Gruppe ehemaliger Notenbanker um den früheren US-Währungshüter William Dudley hat die Federal Reserve jüngst aufgefordert, die Ziele beim laufenden Strategiecheck neu auszutarieren. Sie mahnten die Federal Reserve, immer zu versuchen, die Inflation wieder auf ihr Ziel von zwei Prozent zu bringen.