Berlin, 09. Apr (Reuters) - Die künftige Bundesregierung kann in den ersten Monaten ihrer Amtszeit nicht mit Rückenwind von der Konjunktur rechnen: Die führenden Forschungsinstitute gehen Insidern zufolge in diesem Jahr nur von einem Mini-Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt von 0,1 Prozent aus, sagten mit den Zahlen der Gemeinschaftsdiagnose vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Im September wurde noch ein Plus von 0,8 Prozent erwartet. Für 2026 gingen die Institute nach wie vor von einem Plus von 1,3 Prozent aus, sagten die Insider am Mittwoch. Gestützt werden soll die Konjunktur dann auch durch das Finanzpaket von Union und SPD, die Milliarden in Infrastruktur und Rüstung stecken wollen. Zum Vergleich: 2023 war Europas größte Volkswirtschaft um 0,3 Prozent geschrumpft, 2024 dann nochmal um 0,2 Prozent.
Die Folgen der an diesem Mittwoch in Kraft getretenen höheren US-Zölle sind in den Prognosen noch nicht enthalten. Die Gemeinschaftsdiagnose soll an diesem Donnerstag in Berlin offiziell veröffentlicht werden.
Einem Bericht des "Handelsblatt" zufolge dürfte die Arbeitslosigkeit nach der Prognose zunächst steigen. Die Arbeitslosenquote wird demnach in diesem Jahr auf 6,3 Prozent zulegen, von 6,0 Prozent 2024. Im kommenden Jahr soll sie wieder auf 6,2 Prozent fallen. Bei der Entwicklung der Verbraucherpreise rechnen die Institute demnach für 2025 mit einem erneuten Anstieg von 2,2 Prozent. 2026 soll sie dann auf 2,1 Prozent fallen.
ZOLLKONFLIKT BELASTET
Die Frühjahrsprognose dient der Bundesregierung als Basis für ihre neuen Projektionen, die wiederum die Grundlage für die Steuerschätzung bilden. Erstellt wird sie vom RWI in Essen, vom Ifo-Institut in München, vom IfW in Kiel, vom IWH in Halle und vom Berliner DIW.
Der von Trump ausgelöste Handelskrieg macht Prognosen derzeit schwierig - auch weil dessen Zölle jederzeit verändert oder ausgesetzt werden können. "In der kurzen Frist wird sich die neue Bundesregierung schwertun, den unmittelbaren Handelsschock abzufedern", schrieben die Ökonomen Marc Schattenberg und Robin Winkler von Deutsche Bank Research in einer Analyse.
Die USA sind das wichtigste Abnehmerland von Waren "Made in Germany": 2024 setzten deutsche Unternehmen Produkte im Wert von mehr als 161 Milliarden Euro in den Vereinigten Staaten ab - so viel wie noch nie. Seit Mittwoch gilt für viele Waren aus der Europäischen Union ein Zollaufschlag von 20 Prozent.