Nürnberg, 01. Jul (Reuters) - Der Nürnberger Rüstungskonzern Diehl profitiert massiv von der europaweiten Aufrüstung und will im laufenden Jahr die Schwelle von fünf Milliarden Euro Umsatz überspringen. 2024 schnellte der Umsatz des Familienkonzerns um 21 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro, wie Finanzchef Jürgen Reimer auf der Bilanzpressekonferenz am Dienstag sagte. Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) stieg um 79 Prozent auf 460,3 Millionen Euro, der Nettogewinn verdoppelte sich nahezu auf 343,5 (2023: 174,0) Millionen Euro. Für das laufende Jahr rechnet Diehl mit einem "moderaten" Anstieg des Ebit.
Insgesamt baute Diehl die Mitarbeiterzahl im vergangenen Jahr um mehr als 1000 auf knapp 18.700 aus. Allein in der Rüstungssparte kamen mehr als 800, in der Luftfahrt-Sparte gut 450 Beschäftigte hinzu. Diehl bekomme den Fachkräftemangel kaum zu spüren, sagte Finanzvorstand Jens Böhlke. Beschäftigte aus anderen Branchen, allen voran der Autoindustrie, strömten in die Rüstungssparte. "Wir haben einen sehr starken und positiven Imagewandel erlebt."
Allein in der Sparte Diehl Defence baute der Hersteller von Lenkflugkörpern zur Luftverteidigung - allen voran dem im Ukraine-Krieg eingesetzten IRIS-T-System -, Zündern und Munition das Geschäft um 60 Prozent aus; mit 1,83 Milliarden Euro stand die Sparte für 39 Prozent des Umsatzes. Im laufenden Jahr werde das Wachstum etwas geringer ausfallen, sagte Sparten-Chef Helmut Rauch. Der Auftragsbestand sei "sehr gut", doch hänge viel davon ab, wie schnell die erhöhten Rüstungsbudgets in konkrete Projekte mündeten.
Auch in der Flugzeugzuliefer-Sparte legte Diehl 2024 kräftig zu, der Umsatz wuchs um 21 Prozent auf 1,28 Milliarden Euro. Dabei habe Diehl noch unter den Lieferschwierigkeiten von Zulieferern gelitten, deretwegen die Hersteller AirbusAIRG.DE - der größte Kunde des Familienkonzerns - und BoeingBA.N die Produktion drosseln mussten.
Dank der beiden Vorzeige-Sparten machte Diehl den Rückgang in den Geschäftsbereichen Diehl Metals und Diehl Controls wett. Letzterer litt unter dem schwachen Geschäft mit Hausgeräten und dem Einbruch im Geschäft mit Wärmepumpen, ersterer bekam die Schwäche im Bau- und Sanitär-Geschäft, die enttäuschende Nachfrage nach Elektroautos sowie einen Großbrand im Berliner Werk zu spüren. Die Nachfrage nach Wärmepumpen sei europaweit um 30 Prozent, in Deutschland sogar um 50 Prozent zurückgegangen. Ein weiterer Stellenabbau sei hier wahrscheinlich, sagte der für die Sparte zuständige Vorstand Carsten Wolff. Bei Elektroautos, für die Diehl Zellkontaktiersysteme baut und dafür Kapazitäten aufgebaut hat, hätten die Hersteller weit weniger abgerufen als erwartet.