Berlin, 28. Jun (Reuters) - Der SPD-Parteitag hat eine Wehrpflicht selbst in dieser Wahlperiode entgegen einem Juso-Vorstoß nicht ausgeschlossen. Zwar wird der Anwerbung von Freiwilligen eine klare Priorität eingeräumt, wie der am Samstagabend beschlossene Antrag fordert. Wenn sich trotz aller Anstrengungen nicht genügend freiwillige Rekruten finden, soll aber auch eine Pflicht greifen können. "Wir wollen keine aktivierbare gesetzliche Möglichkeit zur Heranziehung Wehrpflichtiger, bevor nicht alle Maßnahmen zur freiwilligen Steigerung ausgeschöpft sind", besagt der Antrag. "Die SPD bekennt sich zu einem neuen Wehrdienst, der auf Freiwilligkeit beruht und sich am schwedischen Wehrdienstmodell orientiert."
Das schwedische Modell ist auch im Koalitionsvertrag als Muster genannt. Es sieht jedoch ebenfalls vor, dass notfalls zwangsweise rekrutiert werden kann - auch wenn dies in Schweden bislang nicht der Fall war.
Juso-Chef Philipp Türmer sprach von mehrstündigen Gesprächen mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). "Da mussten wir beide uns auch ganz schön bewegen. Es ist uns aber gelungen", sagte er. Die Jusos als SPD-Nachwuchsorganisation hatten in ihrem ursprünglichen Antrag ein klares Nein zur Wehrpflicht verlangt: "Die Wiedereinführung der Wehrpflicht oder einen verpflichtenden Wehrdienst lehnen wir ab", hieß es dort noch.
Pistorius zufolge braucht die Bundeswehr 50.000 bis 60.000 weitere aktive Soldaten, um auf eine Zahl von 260.000 zu kommen. Darüberhinaus sollen 200.000 Reservisten zur Verfügung stehen, etwa doppelt soviel wie heute. Dafür soll der Wehrdienst in erster Linie dienen. Wehrdienstleistende sollen in ausreichender Zahl so ausgebildet werden, dass sie über Jahre als Reservisten zur Verfügung stehen. Experten bezweifeln jedoch, dass die Bundeswehr in den nächsten Jahren ausreichend Freiwillige findet.