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HINTERGRUND-Mexiko wählt erstmals hunderte Richter nach umstrittener Justizreform

ReutersMay 25, 2025 6:00 AM
  • Sorge um die Rechtsstaatlichkeit in Mexiko
  • Kritiker fürchten Einfluss der organisierten Kriminalität
  • Wahlbehörde könnte Kandidaten nach der Wahl disqualifizieren

- von Cassandra Garrison

- In Mexiko mehren sich eine Woche vor den ersten Richterwahlen unter der neuen Justizreform Warnungen vor Korruption und Verlust von unabhängiger Rechtssprechung. Rund 5000 Kandidaten bewerben sich um über 840 Plätze für Bundesrichter. Auch alle Richter des Obersten Gerichtshofs sollen am kommenden Sonntag neu bestimmt werden. Die Menschenrechtsorganisation Defensorxs hat nach eigenen Angaben allein rund 20 Kandidaten identifiziert, die Verbindungen zu Drogenkartellen hatten oder denen kriminelle Vergehen vorgeworfen werden.

Der Präsident von Defensorxs, Miguel Meza, sieht in den von seiner Organisation aufgezeigten Kandidaten einen Beleg dafür, dass es schwerwiegende Mängel bei der Überprüfung der Bewerber auf Richterämter gebe. Eigentlich müssen sie die mexikanische Staatsbürgerschaft von Geburt an besitzen, ein Bachelor-Abschluss in Jura sowie einen "guten Ruf" haben und ein Führungszeugnis ohne schwere Verbrechen vorweisen.

"Alles, was wir hier sehen, ist das Ergebnis des Versuchs, diese Reform im Schnellverfahren durchzuführen", kritisierte Meza. Eine Analyse der regierungsunabhängigen Wahlbeobachtungsstelle OEJ hat zudem festgestellt, dass mindestens 130 Kandidaten keine Gegenkandidaten haben. Zudem wird die Gestaltung der Stimmzettel kritisiert, die Hunderte von Namen enthalten und die Wähler verwirren könnten.

Der Verband der Richter und Staatsanwälte (JUFED) erklärte, die Liste der umstrittenen Kandidaten bestätige das Risiko, dass die Reform die Unabhängigkeit der Justiz gefährde. Kriminelle oder ihre Vertreter könnten Richterposten einnehmen, warnte JUFED-Direktorin Juana Fuentes. Die meisten der amtierenden Richter des Obersten Gerichtshofs Mexikos haben angekündigt, dass sie nicht an den Wahlen teilnehmen und stattdessen zurücktreten werden.

Kritiker warnen ganz allgemein, die Reform berge die Gefahr, dass die regierende Morena-Partei nicht mehr kontrolliert wird und das organisierte Verbrechen mehr Einfluss auf das Justizsystem erhält. Von der mexikanischen Regierung war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.

MANCHE KANDIFATEN HABEN EINE KRIMINELLE VERGANGENHEIT

Zu den umstrittensten Bewerbern auf ein Richteramt zählt Silvia Delgado. Die Juristin hatte 2016 den Ex-Chef des Sinaloa-Kartells vertreten, den berüchtigten "El Chapo". Sie besuchte ihn wöchentlich im Gefängnis, bevor er an die USA ausgeliefert und zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Delgado möchte nun Strafrichterin im Bundesstaat Chihuahua werden. "Ich bin nicht korrupt", wehrte sie sich gegen Kritik. "Man kann dich nicht verbrennen, weil du jemanden vertreten hast." Sie habe das Mandat von "El Chapo" angenommen, weil es eine Karrierechance gewesen sei. Aktivist Meza sieht in der früheren Verbindung mit dem Drogenboss dennoch ein Risiko.

Ein anderer Kandidat, dem Misstrauen entgegenschlägt, ist Leopoldo Chavez, der im Bundesstaat Durango Richter werden will. Er saß in den USA wegen Drogendelikten knapp sechs Jahre im Gefängnis. Im Bundesstaat Jalisco will Francisco Hernandez wieder Richter werden. Der ehemalige Strafrichter war nach Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs und der Korruption entlassen worden. Im Bundesstaat Nuevo Leon hofft Fernando Escamilla auf ein Richteramt. Er räumte ein, als Berater für Mitglieder des Drogenkartells Los Zetas tätig gewesen zu sein.

Die Wahlaufsichtsbehörde INE hat erklärt, dass Namen vor der Abstimmung am 1. Juni nicht mehr vom Stimmzettel entfernt werden können. Die Behörde könne jetzt nur noch nach der Wahl Beschwerden überprüfen, ob eine Person für ein Amt nicht geeignet ist. "Wenn ein Wahlsieger die Anforderungen nicht erfüllt, würde das Amt an den Zweitplatzierten gehen", erklärte die INE-Mitarbeiterin Claudia Zavala. Allerdings müssten alle Überprüfungen von Kandidaten bis zum 15. Juni abgeschlossen sein, denn dann würden die neuen Richter in ihrem Ämtern bestätigt.

EX-PRÄSIDENT OBRADOR WOLLTE MIT REFORM KORRUPTION AUSMERZEN

Die Justizreform war vom linksgerichteten Ex-Präsidenten Andres Manuel Lopez Obrador angestoßen und von seiner Nachfolgerin Claudia Sheinbaum vorangetrieben worden. Beide gaben an, damit die Korruption im Justizwesen ausmerzen zu wollen. Das Volk solle die Möglichkeit haben, zu entscheiden, wer ein Richter werden soll.

Mit der Reform wird die Zahl der Richter am Obersten Gerichtshof von elf auf neun reduziert, die Dauer ihrer Amtszeit auf zwölf Jahre verkürzt, das Mindestalter von 35 Jahren abgeschafft und die erforderliche juristische Praxis auf fünf Jahre halbiert. Außerdem werden einige Vergünstigungen für Justizangestellte gestrichen und ein fünfköpfiges Disziplinargericht geschaffen, das nach Ansicht von Kritikern nicht ausreicht, um rund 50.000 Justizmitarbeiter zu beaufsichtigen.

Bislang wurden die obersten Richter von der Exekutive ernannt, also vom Präsidenten mit Beteiligung des Kongresses. Das neue Gesetz sieht vor, alle Bundesrichter sowie die Richter des Obersten Gerichtshofs, des Bundeswahlgerichts sowie des für die Verwaltung des Rechtssystems zuständigen Bundesjustizrats durch allgemeine Wahlen zu bestimmen.

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