
Washington/Damaskus, 20. Mai (Reuters) - Die neue syrische Regierung steht nach Darstellung der USA möglicherweise vor dem Zusammenbruch. "Nach unserer Einschätzung ist die Übergangsregierung, offen gesagt, angesichts der vor ihr liegenden Herausforderungen vielleicht nur noch Wochen, nicht viele Monate, von einem möglichen Zusammenbruch und einem umfassenden Bürgerkrieg epischen Ausmaßes entfernt", sagte Außenminister Marco Rubio am Dienstag vor dem Auswärtigen Ausschuss des Senats. Dies würde im Grunde die Spaltung des Landes bedeuten. Der Ausschuss befragte Rubio zudem zur Ankündigung von Trump, die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben. Den Mitarbeitern seines Ministeriums in der Türkei werde erlaubt, mit den örtlichen Behörden in Syrien zu klären, welche Art von Hilfe sie benötigen, kündigte er an.
Syrien wird von einer Übergangsregierung von Islamisten geführt, die im Dezember den Präsidenten Baschar al-Assad stürzten. Die internationalen Sanktionen gegen das arabische Land stammen aus dessen Regierungszeit, die die letzten Jahre von einem erbittert geführten Bürgerkrieg geprägt war. Die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas erklärte am Dienstag vor einem Ministertreffen in Brüssel, sie hoffe, dass man sich nun auf eine Aufhebung der EU-Maßnahmen werde einigen können. Europa müsse Syrien die Chance zur Stabilisierung geben, sonst riskiere man eine Situation wie in Afghanistan. "Es ist klar, dass wir Arbeitsplätze und Lebensunterhalt für die Menschen in Syrien wollen, damit es ein stabileres Land wird", sagte Kallas.
Zum Zweck der Normalisierung laufen auch Gespräche mit anderen Ländern und den verbliebenen Milizen in Syrien. Aus türkischen Sicherheitskreisen verlautete am Dienstag, der türkische Geheimdienstchef Ibrahim Kalin und der syrische Übergangspräsident Ahmed al-Scharaa hätten über eine Entwaffnung der kurdischen YPG-Miliz und deren Integration in die syrischen Sicherheitskräfte gesprochen. In der vergangenen Woche hatten sich die Außenminister der beiden Staaten mit Rubio getroffen. Hintergrund sind auch wirtschaftliche Interessen, etwa beim Wiederaufbau des verwüsteten Landes. Der syrische Finanzminister Yisr Barnieh sagte der Nachrichtenagentur Reuters jüngst, Syrien sei "ein Land der Möglichkeiten".