
Berlin/Genf, 20. Mai (Reuters) - Die Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation haben sich auf ein wegweisendes Abkommen zur besseren Vorbereitung auf Pandemien geeinigt. Mit der am Dienstag beschlossenen Vereinbarung wird eine Lehre aus der Corona-Pandemie gezogen, bei der zwischen 2020 und 2022 weltweit Millionen Menschen starben und das öffentliche Leben in zahlreichen Staaten, darunter auch Deutschland, durch Lockdowns zeitweise zum Erliegen kam, um die Virusausbreitung einzudämmen. "Das Abkommen ist ein Sieg für die öffentliche Gesundheit, die Wissenschaft und multilaterales Handeln. Es wird sicherstellen, dass wir gemeinsam die Welt besser vor künftigen Pandemiegefahren schützen können", lobte WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus den rechtlich bindenden Pakt.
Auch die Bundesregierung begrüßte die Vereinbarung. "Mit dem Abkommen nimmt sich die Weltgemeinschaft vor: In Zukunft soll es gerechter zugehen", erklärte Entwicklungsministerin Reem Alabali-Radovan. Das Abkommen sei ein wichtiges Zeichen "gegen den Trend zu Alleingängen, der am Ende allen schadet". Die Vereinbarung zielt nach Angaben des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) unter anderem darauf ab, die Verfügbarkeit von Impfstoffen und Therapeutika zu verbessern und eine gerechte globale Verteilung im Pandemiefall zu koordinieren. Es soll ein Lieferketten- und Logistiknetzwerk aufgebaut werden. Insbesondere in Entwicklungsländern soll der Aufbau von Produktionskapazitäten für Impfstoffe und Therapeutika gefördert werden, etwa durch Technologietransfer auf freiwilliger Basis.
Zudem soll ein Zugangs- und Vorteilsausgleichsmechanismus ausgehandelt werden: Länder verpflichten sich demnach, Daten zu Erregern für die Forschung zur Verfügung zu stellen. Unternehmen, die diese Daten zur Entwicklung von Impfstoffen nutzen möchten, verpflichten sich laut BMZ dazu, der WHO zehn Prozent der Impfstoffe kostenlos zur globalen Verteilung zur Verfügung zu stellen. "Dadurch können Krankheitsausbrüche schneller kontrolliert und Pandemien verhindert werden, wovon letztendlich alle profitieren", erklärte das Ministerium. Auch zur Prävention seien wichtige Regelungen getroffen worden, um Pandemien gar nicht erst entstehen zu lassen, etwa durch ein besseres Monitoring von Krankheitserregern mit Pandemiepotenzial.
Der Beschluss des Pakts fällt in eine Zeit, in der multilaterale Organisationen wie die WHO durch starke Kürzungen der US-Auslandshilfe belastet werden. 124 Länder stimmten für die Vereinbarung. Gegenstimmen gab es keine. Elf Länder enthielten sich, darunter Polen, Israel, Italien, Russland, die Slowakei und der Iran.