Investing.com - Die US-Aktienmärkte geraten nach dem jüngsten „Zollhammer“ von US-Präsident Donald Trump zunehmend unter Druck. Die gestern angekündigten Strafzölle könnten die seit Jahrzehnten gewachsene Welthandelsordnung ernsthaft ins Wanken bringen. Gleichzeitig treten die angekündigten Zölle auf Fahrzeuge in Kraft – ein Schritt, der die ohnehin angespannte Lage weiter verschärft.
Jetzt ist es so weit. Nachdem US-Präsident Trump seit seinem Amtsantritt immer wieder umfassende Zölle auf Importe angekündigt hatte, stellte er gestern im Rosengarten des Weißen Hauses seinen konkreten Zollplan vor. Künftig sollen alle ausländischen Waren mit einem Pauschalzoll von 10 % belegt werden. Für langjährige Handelspartner gelten sogar noch höhere Sätze – laut Trump ein Mittel, um „unfaire Handelspraktiken“ gegenüber den USA zu beenden.
Zu den Ländern, die mit diesen erhöhten, sogenannten „reziproken“ Zöllen belegt werden, zählen China, die Europäische Union, Indien und Japan. Grundlage für die Höhe der jeweiligen Zölle waren bestehende Einfuhrabgaben für US-Produkte sowie weitere Handelsbarrieren dieser Länder. Aus Sicht des Weißen Hauses handelt es sich dabei um „schlechte Akteure“ im internationalen Handel.
Bei der Vorstellung des Plans im Rosengarten kündigte Trump außerdem neue Zölle in Höhe von 34 % auf chinesische Produkte an – zusätzlich zu einem bereits zu Jahresbeginn eingeführten Aufschlag von 20 %. Analyst Dan Ives von Wedbush Securities warnte, dass Technologieaktien unter diesen Maßnahmen voraussichtlich leiden werden.
Auch die EU, ein häufiges Ziel von Trumps handelspolitischer Kritik, ist betroffen: Auf Importe aus Europa sollen künftig 20 % Zoll erhoben werden. Für Waren aus Indien sind 26 % geplant, für Produkte aus Japan 24 %.
Der Basiszollsatz von 10 % tritt am 5. April in Kraft. Die erhöhten Zölle gelten ab dem 9. April.
Trump und Vertreter des Weißen Hauses verteidigen die Maßnahmen als notwendig, um Handelsungleichgewichte zu korrigieren, die Staatseinnahmen zu erhöhen und verlorene Arbeitsplätze in der US-Industrie zurückzuholen.
Viele Ökonomen schlagen jedoch Alarm. Sie warnen vor steigenden Preisen und einem möglichen Rückgang des Wirtschaftswachstums. Auch Unternehmen äußern sich zunehmend kritisch – vor allem wegen der Unsicherheit, die die neuen Regelungen mit sich bringen und die Geschäftsplanung erheblich erschweren.
„Langfristig mag das für die US-Wirtschaft positiv sein, aber die getroffenen Maßnahmen bedeuten eine schmerzhafte Übergangszeit“, so James Knightley, Chief International Economist bei ING (AS:INGA).
Die Ankündigung der neuen Zölle hat auch an den US-Aktienmärkten deutliche Spuren hinterlassen und eine breite Verkaufswelle ausgelöst.
Derzeit liegt der Dow Future 2,4 % im Minus, der S&P 500 verliert 2,9 %, und der Nasdaq 100 gibt sogar um deutliche 3,3 % nach. Noch vor Trumps Rede konnten die US-Märkte leichte Zugewinne verbuchen.
Auch am Währungs- und Kryptomarkt zeigen sich Reaktionen: Der Dollar-Index, der den Dollar gegenüber einem Korb wichtiger Währungen misst, ist unter Druck geraten. Gleichzeitig meidet das Kapital risikoreichere Anlagen, was sich negativ auf den Bitcoin auswirkt.
Gold – traditionell als sicherer Hafen in unruhigen Zeiten gefragt – konnte sein Rekordhoch bisher behaupten. Der Ölpreis hingegen gab nach, da der Markt befürchtet, dass die Zölle die globale Nachfrage nach Rohöl bremsen könnten.
„Trumps Details zu den Zöllen sind so schlecht, wie sie nur hätten sein können“, schreiben die Analysten von Vital Knowledge in einer Mitteilung an Kunden. „Statt auf Deeskalation zu setzen und anzudeuten, dass die Zölle im Zuge möglicher Verhandlungen zurückgenommen werden könnten, präsentierte Trump sie als notwendiges Mittel, um jahrzehntelange schlechte Handelsabkommen zu korrigieren und eine geschwächte US-Industriebasis wieder aufzubauen.“
Die neuen Strafzölle betreffen nicht nur gegenseitige Handelsabgaben – auch zusätzliche Maßnahmen sind nun offiziell in Kraft. Seit Mitternacht gilt ein Zollsatz von 25 % auf alle im Ausland hergestellten Autos. Ausgenommen sind Fahrzeuge, die den Regeln des US-Mexiko-Kanada-Abkommens (USMCA) entsprechen – einem Handelsabkommen, das während Trumps erster Amtszeit unterzeichnet wurde. Für Automobilteile wurde ein separater Zoll angekündigt, der ab dem 3. Mai greifen soll.
US-Automobilaktien zeigten sich im vorbörslichen Handel schwach: Die in den USA notierten Papiere von Ford (NYSE:F), General Motors (NYSE:GM) und Stellantis, der Muttergesellschaft von Jeep (NYSE:STLA), gaben allesamt nach.
Bereits in den ersten Wochen seiner Amtszeit hatte Trump eine Reihe weiterer Zölle eingeführt, die mittlerweile aktiv sind. So wurde ein Importzoll von 25 % auf Waren aus Mexiko und Kanada erhoben, sofern sie nicht den USMCA-Vorgaben entsprechen. Energieprodukte und bestimmte Konsumgüter unterliegen zusätzlich einem Zollsatz von 10 %. Weitere neue Zölle auf Produkte aus diesen beiden Ländern sind derzeit nicht vorgesehen.
Ein separater Zoll in Höhe von 25 % auf alle Stahl- und Aluminiumeinfuhren trat bereits im März in Kraft. Diese beiden Rohstoffe sowie Fahrzeuge und deren Bauteile sind von den jüngsten zusätzlichen Zöllen ausgenommen. Auch Energieprodukte und „bestimmte Mineralien, die in den USA nicht verfügbar sind“, bleiben von den Maßnahmen unberührt.
Trump stellte darüber hinaus weitere Zölle in Aussicht: So könnten 25 % Abgaben auf importiertes Kupfer und Holz folgen. Auch Waren aus Ländern, die Öl und Gas aus Venezuela beziehen, könnten künftig mit einem Zusatz-Zoll von 25 % belegt werden.
Mit der Ankündigung weitreichender neuer Zölle und früheren Äußerungen hat Präsident Trump den nächsten Schritt in einem sich zuspitzenden globalen Handelskonflikt getan. Aus aller Welt folgten Reaktionen – nun steht die Frage im Raum, wie verhandlungsbereit das Weiße Haus tatsächlich in Bezug auf neue Handelsabkommen ist.
China hat bereits seine Antwort angekündigt und betont, dass es in einem weltweiten Handelskrieg keine Gewinner geben könne. Das chinesische Handelsministerium bezeichnete die US-Zölle als „einseitige Schikane“.
Auch aus Europa kam eine deutliche Reaktion: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen versprach, die Europäische Union werde geschlossen auf die Zölle reagieren. „Wer sich mit einem von uns anlegt, legt sich mit uns allen an“, erklärte sie. Zudem kündigte sie an, dass die EU einen „starken Plan“ habe, um den Maßnahmen entgegenzuwirken – betonte aber zugleich, dass man zu Gesprächen bereit sei.
Die Bundespräsidentin der Schweiz äußerte sich ebenfalls und erklärte, man habe den US-Zollsatz von 31 % zur Kenntnis genommen. Die Schweiz – als europäisches Land außerhalb der EU – werde „schnell entscheiden, wie sie weiter vorgehen will“.
Der australische Premierminister Anthony Albanese kritisierte die US-Zölle als „ohne jede Logik“. Auf Gegenzölle verzichtete er jedoch bewusst und bezeichnete den Kurs der USA als einen „Wettlauf nach unten“.
Auch vonseiten der US-Notenbank gibt es mahnende Stimmen: Gouverneurin Adriana Kugler warnte am Mittwoch vor „Aufwärtsrisiken“ für die Inflation im Zusammenhang mit Trumps politischen Änderungen – insbesondere den neuen Importzöllen.
Bei einer Veranstaltung an der Princeton University erklärte Kugler, dass der Fortschritt in Richtung des Inflationsziels der Fed von 2 % ins Stocken geraten sei – möglicherweise sei er sogar zum Stillstand gekommen.
Zwar zeige der Arbeitsmarkt erste Anzeichen einer Entspannung, so Kugler weiter, eine spürbare Abschwächung sei jedoch bislang nicht erkennbar.
Der Offenmarktausschuss der US-Notenbank (FOMC), der über die Zinspolitik entscheidet, hatte bei seiner letzten Sitzung im März den Leitzins unverändert in der Spanne von 4,25 % bis 4,50 % belassen. Als ein Grund wurde die Unsicherheit über die wirtschaftlichen Folgen der Zölle genannt.
Aus den aktuellen Projektionen der Entscheidungsträger geht außerdem hervor, dass sie für 2025 mit einer höheren Inflation und einem schwächeren Wachstum rechnen als noch in ihren Einschätzungen vom Dezember.