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WDHLG-SPOTANALYSE-Volkswirte zur ersten Zinssenkung der Fed im laufenden Jahr

ReutersSep 18, 2025 4:16 AM

- Die US-Notenbank hat den Leitzins erstmals im laufenden Jahr gesenkt. Er wurde am Mittwoch wie erwartet um einen Viertelpunkt auf die neue Spanne von 4,00 bis 4,25 Prozent heruntergesetzt. Ökonomen sagten in ersten Reaktionen:

THOMAS GITZEL, CHEFVOLKSWIRT VP BANK:

"Die heutige Fed-Sitzung hatte es in sich. Eine Zinssenkung um 25 Basispunkte war für heute gesetzt, doch besonderes Interesse gilt dem Abstimmungsverhalten der Fed-Mitglieder. Innerhalb des Offenmarktausschusses hat sich das Trump-nahe Lager auf drei Personen erhöht. Stephen Miran, Wirtschaftsberater im Weißen Haus, wurde noch am Montagabend vom US-Senat für das Amt als Fed-Gouverneur bestätigt – also noch gerade rechtzeitig zu der am Folgetag beginnenden Fed-Sitzung. Die von Trump ernannten Fed-Gouverneure Michelle Bowman und Christopher Waller hatten sich bereits bei den vergangenen Treffen des Offenmarktausschusses für Zinssenkungen ausgesprochen. Heute opponierte lediglich Stephan Miran und stimmte für eine große Zinssenkung um 50 Basispunkte. Bowman und Waller waren sich derweil mit den anderen Notenbankmitgliedern einig. Der Einfluss von Donald Trump scheint nicht grenzenlos zu sein.

In Anbetracht der deutlichen Abkühlung am US-Arbeitsmarkt ist die heutige Zinssenkung durchaus zu rechtfertigen. Nach den deutlichen Revisionen der Arbeitsmarktstatistik wurde deutlich, dass bereits seit dem Frühsommer deutlich weniger neue Stellen geschaffen wurden. Die aktualisierten Projektionen der Fed sehen für das laufende Jahr zwei weitere Zinssenkungen um insgesamt 50 Basispunkte vor. Dies ist eine mehr im Vergleich zu den Juni-Projektionen. Es ist davon auszugehen, dass auf jede der noch verbleibenden zwei Sitzungen der Leitzins um 25 Basispunkte reduziert wird. Am Zinspfad 2026 und 2027 kam es derweil nur zu geringen Änderungen. Noch immer sind lediglich moderate Zinssenkungen zu erwarten.

Den Forderungen des Weißen Hauses nach einer deutlichen Reduktion des Leitzinses wird die US-Notenbank unter Jerome Powell nicht nachkommen. Hierfür sind Inflationsgefahren zu groß. Die höheren Zölle haben den Preisauftrieb bereits moderat erhöht. Das Risiko besteht, dass sich dies in kommenden Monaten noch beschleunigt. Sollte Donald Trump im kommenden Jahr einen Kandidaten nach seinem Zuschnitt auf den Chefsessel der Fed setzen, dürfte die Zinspolitik ohnehin einer Zäsur unterliegen. Zu befürchten ist, dass das Inflationsziel hintenanstehen muss und es dann zu deutlichen Zinssenkungen kommt."

THOMAS ALTMANN, QC PARTNERS:

"Es ist die erwartete Zinssenkung um 25 Basispunkte. Die FED liefert exakt das, was die Börsen im Vorfeld erwartet und eingepreist haben. Für die verbleibenden beiden Zinssitzungen in diesem Jahr stellen die Währungshüter in den neuen Dots zwei weitere Zinsschritte um ebenfalls jeweils 25 Basispunkte in Aussicht. Damit ziehen die Notenbanker die Senkungen ein Stück weit vor. Die Notenbanker nehmen explizit Bezug auf den sich abschwächenden Arbeitsmarkt. Das schriftliche Statement zeigt deutlich, dass die FED im Rahmen ihres dualen Mandats den Arbeitsmarkt aktuell höher gewichtet als die Inflationsrate. Die neuen Dots zeigen aber auch: Der Großteil des Zinssenkungs-Zyklus könnte mit dem Ende dieses Jahres gelaufen zu sein. Für die kommenden beiden Jahre zeigen die Dots jeweils nur noch einen Zinsschritt um 25 Basispunkte.

Der neue FED-Governeur Stephen Miran feiert einen Einstand mit einem Paukenschlag. Er ist mit seinem Votum für einen 50-Basispunkte-Schritt die einzige Gegenstimme. Damit zeigt er deutlich, wem er diesen Posten zu verdanken hat. Und wohl auch, wem er gefallen will. Lisa Cook hat erwartungsgemäß mit Jerome Powell gestimmt. Und auch die beiden Abweichler der letzten Senkung haben sich dem 25-Basispunkte-Votum angeschlossen.

Für die Börsen ist die Zinssenkung zwar positiv. Sie war aber eingepreist. Und eine positive Überraschung ist ausgeblieben. Von daher kann die heutige Zinsentscheidung den hoch gelaufenen und hoch bewerten Märkten keine neuen Rally-Impulse liefern."

ELMAR VÖLKER, LBBW:

"Fed-Chef Powell hatte den heutigen Schritt vor einem knappen Monat in Jackson Hole faktisch schon vorweggenommen. Die abermals enttäuschenden Arbeitsmarktdaten für den Monat August dürften die Entscheidung für eine Zinssenkung besiegelt haben. Ob auf die heutige Senkung eine Serie weiterer Lockerungsschritte folgt, ist damit indes trotz der hierauf hindeutenden Projektion noch nicht ausgemacht.

Die Fed steckt in einem Dilemma zwischen der unerwartet deutlichen Verschlechterung der Arbeitsmarktlage und einem weiterhin drohenden Inflationsschub aufgrund der Zollpolitik der US-Regierung. Zudem muss sie sich des Verdachts erwehren, ihre Geldpolitik wegen des beständigen Drängens auf niedrige Zinsen aus dem Weißen Haus zu lockern und mithin ihre Glaubwürdigkeit an den Finanzmärkten einzubüßen. Die Gefahr geldpolitischer Fehltritte wächst in dieser Gemengelage.

Wir halten angesichts der Inflationsgefahren weiterhin ein vorsichtiges Vorgehen bei weiteren Zinssenkungen für angebracht, können aber auch nicht ausschließen, dass sich die Fed nun schwerpunktmäßig von Arbeitsmarktsorgen treiben lässt."

MICHAEL HEISE, CHEFÖKONOM HQ TRUST:

"Die Zinssenkung der Fed war weithin erwartet worden, da sich die Einschätzungen zur US-Konjunktur und zur Lage am Arbeitsmarkt seit der letzten Sitzung im Juli deutlich geändert haben. Die Konjunktur erscheint weniger robust und der Anstieg der Beschäftigung war nach Datenrevisionen in den vergangenen zwölf Monaten nur halb so stark wie bislang gedacht. Trotzdem dürfte die Zinssenkung im Offenmarktausschuss umstritten gewesen sein, denn die Notenbank scheint damit Risiken für die Preisstabilität in Kauf zu nehmen.

Zwei Aspekte sprechen trotz der Überschreitung des Inflationsziels für die Zinssenkung. Zum einen muss die Zinspolitik aufgrund zeitlicher Wirkungsverzögerungen frühzeitig handeln, um einer weiteren Abkühlung am Arbeitsmarkt entgegenzuwirken und zum anderen liegen die Leitzinsen mit 4-4,25 Prozent immer noch auf einem relativ hohen, inflationsdämpfenden Niveau.

Die Gratwanderung zwischen hoher Inflation und schwacher Beschäftigung wird sich fortsetzen. Die Abkühlung des Arbeitsmarktes wird dem preissteigernden Effekt der höheren Zölle zwar etwas entgegenwirken, aber in den kommenden Monaten ist mit anhaltend hohen Preisniveausteigerungen zu rechnen. Die Entscheidungsfindung wird schwierig bleiben. Voraussichtlich bleibt es bei einem Zinssenkungsschritt bis zum Jahresende."

BASTIAN HEPPERLE, HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:

"Die Fed gibt Trumps massiven Zinssenkungsforderung nicht nach. Mehr als ein kleiner Zinsschritt ist derzeit nicht drin. Das Vollbeschäftigungsziel der Fed beginnt zwar zu wanken, die Inflation ist und bleibt aber zu hoch. Das Abstimmungsverhalten verspricht für die kommenden Monate kontrovers verlaufene Sitzungen. Bei nachlassender Konjunkturdynamik wird es auf der Zinstreppe weiter abwärts gehen. Bis zum Frühjahr 2026 dürfte das Leitzinsniveau auf rund 3,00 Prozent sinken. Gewinnt der politische Einfluss überhand, wird der Leitzins deutlich tiefer sinken. Die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der Fed wäre dann jedoch ernsthaft bedroht. Außerdem zögen neue Inflationsgefahren am Horizont auf."

DIRK SCHUMACHER, CHEFVOLKSWIRT KFW:

"Eine Zinssenkung war eine ausgemachte Sache. Dies nicht etwa, weil die Fed dem Druck aus dem Weißen Haus nachgibt, sondern weil der Arbeitsmarkt in den USA sich mittlerweile in einer deutlich schwächeren Verfassung zeigt. So hat sich der Beschäftigungsaufbau so verlangsamt, dass Inflationsrisiken im Zusammenhang mit dem Anstieg der Zölle in den Hintergrund getreten sind. Trotz der Zinssenkung wird der Druck aus dem Weißen Haus nicht nachlassen."

LENA DRÄGER, FORSCHUNGSDIREKTORIN KIEL INSTITUT FÜR WELTWIRTSCHAFT:

"Von Marktteilnehmenden war erwartet worden, dass der Leitzins um 25 Basispunkte auf einen Bereich von 4,00–4,25 Prozent gesenkt wird. Eine solche Zinssenkung lässt sich mit dem dualen Mandat der Fed und der Abschwächung der Beschäftigung begründen. Ein großer Zinsschritt um 50 Basispunkte wäre angesichts der immer noch persistenten Inflation oberhalb von zwei Prozent aber das falsche Signal gewesen, zumal das Risiko hoch ist, dass US-Firmen die höheren Produktionskosten aufgrund der Zölle vermehrt einpreisen. Dies würde die Inflation weiter antreiben."

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