Berlin, 05. Sep (Reuters) - Der US-Arbeitsmarkt zeigt überraschend große Anzeichen von Schwäche. Im August kamen nur noch 22.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, wie aus dem am Freitag veröffentlichten Bericht der Regierung hervorgeht. Von Reuters befragte Ökonomen hatten einen Zuwachs von 75.000 neuen Stellen erwartet. Die Arbeitslosenquote stieg wie erwartet leicht auf 4,3 Prozent. In ersten Reaktionen hieß es dazu:
THOMAS GITZEL, CHEFVOLKSWIRT VP BANK:
"Die US-Wirtschaft ist im Sinkflug. Das zeigen die heute erneut sehr schwachen Arbeitsmarktdaten. Ein Jobaufbau von lediglich 22.000 ist ein klares Anzeichen dafür, dass die Konjunktur lahmt. Es scheint nun auch so, dass der schwache Bausektor allmählich auch auf den Arbeitsmarkt durchschlägt. Zum wiederholten Male werden dort Stellen abgebaut. Und auch das verarbeitende Gewerbe reduziert den vierten Monat in Folge die Beschäftigung."
TOBIAS BASSE, NORDLB:
"Nach den schwachen ADP-Zahlen war zwar schon mit einer recht unfreundlichen Entwicklung am Arbeitsmarkt der USA zu rechnen gewesen. Die neuen Daten sind aber natürlich dennoch als problematisch zu bezeichnen. Der Handlungsdruck bei Jerome Powell ist mit diesem Arbeitsmarktbericht ohne jeden Zweifel weiter gewachsen."
CYRUS DE LA RUBIA, CHEFVOLKSWIRT HAMBURG COMMERCIAL BANK:
"Diese Arbeitsmarktzahlen dürften Jerome Powell einen Grund mehr geben, die Zinsen in diesem Monat zu senken. Mit nur 22.000 neu geschaffenen Stellen setzt sich hier eine Serie schwacher Beschäftigungsdaten fort. Dazu kommt noch der Anstieg der Arbeitslosenrate bei einer rückläufigen Partizipationsrate. Besonders auffallend sind die rückläufigen Zahlen im Verarbeitenden Gewerbe. Dort wurde Personal abgebaut - das nächste Zeichen einer wirtschaftlichen Schwäche.
Mit 0,3 Prozent Lohnwachstum befindet sich das Lohnniveau im erwarteten Bereich, was nicht weiter für Aufregung sorgt. Selbst wenn die Inflationsrate, wie es allgemein erwartet wird, im August leicht angestiegen ist, wird wohl doch die jetzt ziemlich deutliche Schwäche des Arbeitsmarktes überwiegen, um die Leitzinsen zum ersten Mal in diesem Jahr zu senken."
ULRICH WORTBERG, HELABA:
"Es mehren sich Hinweise auf eine nachhaltige Abschwächung der Arbeitsmarktdynamik, so dass die US-Notenbank in ihrer Absicht bestärkt wird, das Leitzinsband auf der nächsten Sitzung am 17. September zu senken. Darüber hinaus dürften die Zinssenkungserwartungen auch für den Rest dieses Jahres und das Jahr 2026 tendenziell forciert werden."
ELMAR VÖLKER, LBBW:
"Die schlechten Nachrichten vom US-Arbeitsmarkt reißen nicht ab. Der Stellenaufbau kommt in der Wirtschaft nahezu zum Erliegen, auch wenn der anhaltende Stellenabbau im öffentlichen Sektor das Bild leicht zum Schlechteren verzerrt. Damit dürften letzte Zweifel daran ausgeräumt sein, dass die US-Notenbank am 17. September ihren Leitzins senken wird. Dies gilt ungeachtet eines sukzessive steigenden Inflationsdrucks. Letzterer dürfte nach unserer Einschätzung aber verhindern, dass die Notenbanker ernsthaft eine Senkung um mehr als 25 Basispunkte ins Auge fassen werden."
BASTIAN HEPPERLE, HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:
"Auf dem Arbeitsmarkt lief es zuletzt schon deutlich schlechter. Nun ist der Beschäftigungsaufbau nahezu zum Erliegen gekommen. Auch andere Indikatoren deuten auf zunehmende Abwärtsrisiken für den Arbeitsmarkt hin. Das ist aber nicht nur die Folge der drastisch eingeschränkten Zuwanderung. Bei nachlassender Konjunkturdynamik nimmt auch die Nachfrage nach Arbeitskräften ab. Mit den Arbeitsmarktbericht von heute ist für die Fed die Zinssenkungsflagge wohl endgültig gefallen. Das von den Zöllen ausgehende Inflationsrisiko tritt immer mehr in den Hintergrund, so dass der Weg für eine Zinssenkung am 17. September frei ist."