
Washington/Berlin, 29. Okt (Reuters) - Die US-Notenbank Federal Reserve hat die Zinsen zum zweiten Mal im laufenden Jahr gesenkt. Der geldpolitische Schlüsselsatz wurde am Mittwoch um einen Viertelprozentpunkt auf die neue Spanne von 3,75 bis 4,00 Prozent heruntergesetzt. Es war bereits die zweite Lockerung in Folge. Von Reuters befragte Experten hatten damit gerechnet. Volkswirte sagten in ersten Reaktionen:
ELMAR VÖLKER, SENIOR FIXED INCOME ANALYST BEI LBBW
"Die US-Notenbanker haben ihren heutigen Zinsschritt durch ihre Äußerungen aus den zurückliegenden Wochen wohlvorbereitet und somit das Überraschungspotenzial für die Finanzmarktakteure eng begrenzt. Mehrere Dinge begünstigen eine überwiegende Neigung im Offenmarktausschuss zu weiteren Zinssenkungsschritten in den kommenden Monaten. Zum Ersten gilt die Wirkung der Geldpolitik auch nach den jüngsten beiden Zinssenkungen noch als moderat restriktiv. Zum Zweiten haben die Währungshüter ihren Fokus auf die Abwärtsrisiken am US-Arbeitsmarkt heute bekräftigt. Zum Dritten blieb der Anstieg der Konsumentenpreise laut der jüngst veröffentlichten Daten für September einmal mehr unterhalb der Konsenserwartungen. Solange sich das Bild eines nur gemäßigten Fußabdrucks der von Donald Trump verhängten Zusatzzölle auf der US-Inflation nicht merklich ändert, behalten die geldpolitischen Tauben die Oberhand. Aus heutiger Sicht erscheint daher eine weitere moderate Zinssenkung auf der Sitzung im Dezember als wahrscheinlich."
BASTIAN HEPPERLE, SENIOR ECONOMIST HAUCK AUFHÄUSER LAMPE
"Die Fed hat sich im Datennebel für eine Leitzinssenkung entscheiden. Durch den Shutdown ist der Strom an wichtigen Konjunkturdaten abgerissen, weshalb die Einschätzung der Wirtschaftslage schwierig ist. Neue offizielle Arbeitsmarktdaten gibt es nicht. Alternative Indikatoren deuten aber auf eine Beschäftigungsabschwächung hin. Eine weitere Zielverfehlung möchte die Fed nicht riskieren. Sie wird deshalb ihren vorsichtigen geldpolitischen Lockerungskurs fortsetzen. Beim Inflationsziel liegt bereits eine klare Verfehlung vor, daran wird sich vorerst nichts ändern. Bis März 2026 dürfte die Leitzinszielspanne auf 3,00-3,25 Prozent sinken."
MICHAEL HEISE, CHEFÖKONOM VON HQ TRUST:
"Eine verhältnismäßig stabile Inflationsrate von drei Prozent im September hat der Fed den Spielraum gegeben, um die Zinsen weiter zu senken und ihren Fokus auf die Stabilisierung des Arbeitsmarktes zu richten. (...) Eine weitere kleine Zinssenkung im Dezember ist aus heutiger Sicht wahrscheinlich. Sie wird an den Finanzmärkten erwartet und dürfte nur bei deutlich negativen Überraschungen in Bezug auf die Verbraucherpreise ausbleiben. Allerdings wird es kontroverse Diskussionen geben, denn die Verbraucherpreisinflation dürfte die drei Prozent im Jahresvergleich noch etwas überschreiten."