Frankfurt/Berlin, 05. Jun (Reuters) - Der Wirtschaftsausblick der Euro-Zone ist nach Einschätzung der EZB leicht eingetrübt. Umfragedaten sprächen insgesamt für etwas schlechtere Aussichten, sagte Zentralbankchefin Christine Lagarde am Donnerstag nach dem Zinsbeschluss. Im Zusammenhang mit dem internationalen Zollkonflikt hätten Vorzieheffekte zwar dafür gesorgt, dass die Industrie gestärkt worden sei. Doch habe der mehr auf den Binnenmarkt ausgerichtete Servicesektor an Fahrt verloren. "Höhere Zölle und ein stärkerer Euro dürften es Unternehmen erschweren, zu exportieren", sagte Lagarde. Hohe Unsicherheit laste überdies auf den Investitionen.
Doch sorgten einige Faktoren dafür, dass die Wirtschaft widerstandsfähig bleibe und das Wachstum mittelfristig gesichert bleiben dürfte. Dazu zählten ein starker Arbeitsmarkt, steigende Realeinkommen, robuste Unternehmensbilanzen und lockerere Finanzierungsbedingungen. Dies sei teilweise auch auf die Zinssenkungen der EZB zurückzuführen.
Die EZB-Fachleute erwarten ein Wachstum der Wirtschaft im Euro-Raum von 0,9 Prozent für 2025. Sie war zu Jahresbeginn moderat gewachsen: Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg von Januar bis März um 0,3 Prozent zum Vorquartal, nach einem Plus von 0,2 Prozent Ende 2024. Wie der Finanzdienstleister S&P Global jüngst zu seiner Umfrage unter Einkaufsmanagern mitteilte, blieb die Wirtschaft im Mai zwar auf Expansionskurs, das Wachstum habe allerdings abermals an Dynamik verloren. Die Nachfrage nach Industrieerzeugnissen und Dienstleistungen ging erneut zurück, was den Beschäftigungsaufbau bremste und einen weiteren Abbau der Auftragsbestände nach sich zog.
Chefökonom Cyrus de la Rubia von der Hamburg Commercial Bank äußerte sich dennoch zuversichtlich für den Jahresverlauf. Weitere Zinssenkungen der EZB und das massive Fiskalpaket in Deutschland reichten aus, um die negativen Effekte von höheren Zöllen und der gestiegenen Unsicherheit auszugleichen.