Berlin, 23. Mai (Reuters) - Die deutsche Wirtschaft ist zu Jahresbeginn doppelt so stark gewachsen wie gedacht. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte von Januar bis März um 0,4 Prozent zum Vorquartal zu, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Freitag mitteilte. In einer früheren Schätzung war von 0,2 Prozent die Rede. Grund für das gegenüber der ersten Schätzung leicht höhere Wachstum war die überraschend gute konjunkturelle Entwicklung im März, wie Destatis-Chefin Ruth Brand weiter mitteilte.
Analysten sagten zu den Daten in ersten Reaktionen:
ALEXANDER KRÜGER, CHEFVOLKSWIRT HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:
"Das ist eine schöne Nachricht am frühen Morgen. Die guten Konjunkturdaten für März hatten die Aufwärtsrevision bereits angedeutet. Es handelt sich um ein Quartal, in dem vieles gepasst hat. Das ist sicherlich nicht auf die nächsten Quartale übertragbar. Das Zolltheater ist nicht vom Tisch, und es fehlt an einer echten Standortpolitik. Es fällt schwer, die Aufwärtsrevision mit einer Konjunkturwende zu verbinden. Beständig besser dürfte es erst mit der Fiskal-Bazooka im nächsten Jahr laufen. Die Erwartungen wachsen hier aber auch nicht in den Himmel."
THOMAS GITZEL, CHEFVOLKSWIRT VP BANK:
"Donald Trump schiebt mit seinen Zöllen das Wachstum an. Das unerwartet deutliche Wachstum ist eine erfreuliche Überraschung. Allerdings handelt es sich aufgrund der Zollquerelen und Vorzieheffekten um einen Einmaleffekt. Im laufenden Quartal dürfte ein geringeres Wachstum ausgewiesen werden. Wichtige Konjunkturfrühindikatoren signalisieren für die kommenden Quartale eine schwarze Null."
CYRUS DE LA RUBIA, CHEFÖKONOM HAMBURG COMMERCIAL BANK:
"Vermutlich beginnt hier gerade ein Aufschwung. Konsum, Investitionen und Exporte, alles ging im ersten Quartal nach oben, was für eine breit angelegte Erholung spricht. Die große Frage ist, ob zumindest ein Teil dieser Dynamik in die nächsten Quartale getragen werden kann. Bei den Exporten und der Produktion des Verarbeitenden Gewerbes dürfte es im zweiten Quartal sicherlich verhaltener zugehen, denn hier haben offensichtlich Vorzieheffekte im Zuge der angekündigten Zölle eine wichtige Rolle gespielt. Insgesamt sehen wir uns in unserer Erwartung bestätigt, dass das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr um 0,3 Prozent steigen sollte, was derzeit noch über dem Konsens anderer Beobachter liegt."
JENS-OLIVER NIKLASCH, LBBW:
"Hoppla! Eine Revision um 0,2 Prozentpunkte ist ungewöhnlich. Zudem wurden die Vorquartale bestätigt. Sonst hat man oft nur eine etwas andere Verteilung der Wachstumszahlen über den Revisionszeitraum. Aber effektiv sieht die Konjunktur mit den heutigen Daten deutlich besser aus als vor der Revision. Möglicherweise haben hier die Exporte eine wesentliche Rolle gespielt. Einiges spricht dafür, dass es bedeutende Vorzieheffekte für die Ausfuhren in die USA im Vorgriff auf befürchtete Zollerhöhungen gab. So etwas ist natürlich kein auf Dauer angelegtes Konjunkturprogramm. Im zweiten Quartal dürfte es eine gewisse Korrektur geben. Dennoch muss man festhalten, dass auch diese Zahl heute dafür spricht, dass die Konjunktur besser läuft als vor ein paar Wochen befürchtet."