Berlin, 08. Mai (Reuters) - Die deutschen Exporte sind vor den von US-Präsident Donald Trump verkündeten Zöllen den fünften Monat in Folge gewachsen. Die Produktion legte im März zugleich so stark zu wie seit dreieinhalb Jahren nicht mehr, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Ökonomen sagten in ersten Reaktionen:
ANDREAS SCHEUERLE, DEKABANK:
"Es gab sie wirklich, die vorgezogenen Beschaffungskäufe der US-Importeure in Deutschland. Nicht nur, dass die Ausfuhr in die USA entgegen der Entwicklung im Drittstaatenhandel spürbar zugenommen hat. In Deutschland wurden im März auch die Exportschlager für die USA – Autos, Maschinen und Pharmazeutika – in besonderem Umfang produziert. Aber wie das im Leben nun mal so ist: Auf die rauschende Nacht folgt am nächsten Tag der Kater: In die Gegenwart vorgezogene Käufe fehlen in der Zukunft."
JÖRG KRÄMER, COMMERZBANK-CHEFVOLKSWIRT:
"Das kräftige Plus der Industrieproduktion dürfte nicht nur auf zollbedingte Vorzieheffekte zurückzuführen sein. Vielmehr legt die Erholung des Ifo-Geschäftsklimas und zuletzt der Auftragseingänge nahe, dass die Industrieproduktion in den kommenden Monaten weiter steigen wird. Aber Trumps Zollschock sowie der ausbleibende Neustart der deutschen Wirtschaftspolitik sprechen mittelfristig nur für eine schwache Erholung. Das deutsche Bruttoinlandsprodukt dürfte im Jahresdurchschnitt stagnieren."
ALEXANDER KRÜGER, CHEFVOLKSWIRT HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:
"Die Produktion profitiert offenbar von zollbedingten Vorzieheffekten in den USA. Der Effekt wird sich im April verkehrt haben, sodass die Produktion unter Wasser bleibt. Ein Aufwärtstrend ist weiterhin nicht erkennbar. Schwierige Standortbedingungen belasten, die US-Zollkeule verunsichert. Die Kapazitätsauslastung dürfte niedrig bleiben und die Beschäftigung unter Druck halten.
Der Exportsektor hat Produkte noch schnell vor der Zollkeule in die USA geliefert. Dieser Impuls steht im laufenden Quartal nicht mehr zur Verfügung. Wegen der US-Zollpolitik wird der Sektor vorerst mit einer höheren Unsicherheit leben müssen. Unternehmen sind gut beraten, sich neue Absatzquellen zu erschließen."
THOMAS GITZEL, CHEFVOLKSWIRT VP BANK:
"Für die deutsche Industrie war der März ein erfreulicher Monat. Gestern überraschten die Auftragseingänge bereits auf der Oberseite, die heute publizierten Daten zeigen nun auch einen Zuwachs bei der Industrieproduktion und den Exporten.
Wie immer stellt sich nach der jahrelangen Tristesse in der deutschen Industrie die Frage, ob die Daten nur ein Strohfeuer oder tatsächlich die Wende sind? Eine klare Antwort darauf gibt es zum heutigen Zeitpunkt nicht. Positiv fällt jedoch auf, dass trotz der ganzen Zolldebatten wichtige Konjunkturfrühindikatoren zuletzt keine größeren Blessuren zeigten."