Berlin, 11. Apr (Reuters) - Der von US-Präsident Donald Trump ausgehende weltweite Handelskonflikt durch Zollaufschläge könnte nach Berechnungen von Ökonomen in Deutschland mehrere Zehntausend Arbeitsplätze kosten und die Wirtschaftsleistung erheblich dämpfen. Zu diesem Ergebnis kommen das IAB-Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit (BA), das Bundesinstitut für Berufsbildung und die Gesellschaft für Wirtschaftliche Strukturforschung in einer Reuters am Freitag vorliegenden Studie. "Transformationskrise und jetzt auch noch Handelskrise, für die Industrie ist das ein Nackenschlag", sagte Enzo Weber vom IAB zu Reuters. Europa müsse in die Vorwärtsverteidigung gehen. "Freihandel mit dem Rest der Welt", schlug Weber vor. "Eine Halbierung der Zollsätze würde zwei Drittel der Exportverluste kompensieren."
Die negativen Auswirkungen für Deutschland ergeben sich laut Weber über direkte Exportausfälle, eine Abschwächung der Weltwirtschaft und Folgewirkungen mit geringerer Investitions- und Konsumnachfrage. "In Deutschland würde ein Jahr nach Inkrafttreten der Zölle das Bruttoinlandsprodukt um 1,2 Prozent niedriger liegen", heißt es in der Studie im Vergleich zu einer Wirtschaftsentwicklung ohne zusätzliche Zölle. Die Zahl der Erwerbstätigen wäre demnach um 90.000 geringer.
Die Forschenden legen dabei pauschale Zollerhöhungen in Höhe von 25 Prozentpunkten zugrunde für Importe in die USA aus China, Mexiko, Kanada und Europa. In einem zweiten Szenario werden neben den Zollerhöhungen der USA auch Gegenreaktionen der Europäischen Union (EU), Chinas, Kanadas und Mexikos von jeweils 25 Prozent auf US-Importe berücksichtigt. Im ersten Szenario ohne Gegenmaßnahmen wäre demnach ein Verlust beim deutschen Bruttoinlandsprodukt von 1,4 Prozent zu erwarten.
Eine Verringerung der Exportverluste Deutschlands durch höhere US-Zölle könnte laut Studie durch höhere Exporte in andere Länder erreicht werden. Dafür seien aber "erhebliche Anstrengungen erforderlich". Eine Verringerung der Einfuhrzölle um 50 Prozent zwischen Deutschland und den großen Handelspartnern könne die Exportverluste Deutschlands aber nicht vollständig kompensieren. Dennoch könne sich der Abschluss oder Ausbau von Freihandelsabkommen positiv auf das deutsche Handelsvolumen auswirken. Es gelte, neue Geschäftsfelder zu besetzen und neue Märkte zu erschließen, sagte Weber: "Heimische Wertschöpfung in der Transformation aufbauen. Und gleichzeitig verhandeln - Zeit spielt eine Rolle, denn die Unsicherheit ist genauso hoch wie schädlich."