
Berlin, 17. Nov (Reuters) - Bundeskanzler Friedrich Merz hat die Entwicklung in China und den USA als große Herausforderungen für Deutschland und die EU bezeichnet. Die Entwicklung in China sei "nach innen immer repressiver, nach außen immer aggressiver", sagte Merz am Montag auf dem Wirtschaftskongress der "Süddeutschen Zeitung". Er sei zudem entsetzt, wie hoch die Abhängigkeit Europas etwa von Medikamenten aus China und Indien sei. Die Regierung arbeite daran, dies zu ändern. Derzeit befindet sich Vizekanzler Lars Klingbeil auf einer China-Reise.
Zugleich betonte der Kanzler, dass mit den USA etwa durch den Zollstreit "ein tiefer Graben im Atlantik entstanden ist, der vieles, ja fast alles von dem infrage stellt, was wir in den letzten Jahrzehnten im transatlantischen Verhältnis für richtig und für notwendig gehalten haben". Merz fügte mit Blick auf die Welthandelsorganisation hinzu: "Wir erleben mit dem, was die Amerikaner jetzt zurzeit machen, im Grunde genommen den Versuch einer Zerstörung der WTO. Ich möchte dem etwas entgegensetzen."
Bis zu dem Zollstreit mit den USA seien 82 Prozent des Welthandels WTO-konform gewesen, wie ihm WTO-Generaldirektorin Ngozi Okonjo-Iweala in einem Gespräch erläutert habe, sagte Merz. Jetzt seien es immerhin noch 75 Prozent, habe die WTO-Chefin betont. Deshalb bemühe sich die EU nun um Handelsabkommen mit anderen Teilen der Welt, um dieses System abzusichern. Dazu kämen Rohstoffabkommen. Er verwies auf den EU-Afrika-Gipfel kommende Woche in Angola, an dem er teilnehmen will, weil Kooperationen nötig seien. "Das muss Europa jetzt verstehen und auch wirklich machen."
Merz hatte zuvor auch harte Kritik an der Entwicklung der Europäischen Union geäußert. Der Binnenmarkt sei eine riesige Errungenschaft. Aber durch die Überregulierung sei die EU ein "bürokratisches Monstrum" geworden. Dies müsse man nun durch einen Bürokratieabbau ändern, wenn Europa in der neuen Weltordnung als Subjekt und nicht nur als Objekt mitspielen wolle.