
Berlin, 13. Nov (Reuters) - Die Abhängigkeit deutscher Unternehmen von Digitalimporten aus dem Ausland hat einer Umfrage zufolge ein kritisches Niveau erreicht. Neun von zehn Firmen sehen sich in einer Abhängigkeit, wie der Digitalverband Bitkom am Donnerstag mitteilte. Rund 40 Prozent halten sich für stark abhängig, 53 Prozent für eher abhängig. Die Unternehmen könnten nach eigenen Angaben höchstens ein Jahr überleben, sollten die Technologien oder Dienstleistungen aus den USA wegfallen. Mit Blick auf China wären es sogar nur elf Monate. Die Umfrage unter gut 600 Firmen wurde vor dem von Deutschland und Frankreich initiierten Gipfel zur europäischen digitalen Souveränität am 18. November veröffentlicht.
Die Abhängigkeit von den USA und China hat sich der Erhebung zufolge im laufenden Jahr nochmals verstärkt. Jeweils 51 Prozent der Unternehmen sehen sich von beiden Ländern "stark abhängig", was einem Zuwachs gegenüber Januar entspricht. Gleichzeitig ist das Vertrauen in die USA als Handelspartner eingebrochen. Nur noch 38 Prozent der Firmen vertrauen den Vereinigten Staaten, verglichen mit 51 Prozent zu Jahresbeginn. Bitkom führt dies auf die Präsidentschaft von Donald Trump zurück. "Die Unberechenbarkeit und der Protektionismus der US-Regierung verunsichern deutsche Unternehmen – viele spüren die Folgen bereits unmittelbar", sagte Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst.
Angesichts der Entwicklung forderte Wintergerst mehr Entschlossenheit bei der Stärkung der digitalen Souveränität. "Deutschland und Europa müssen sich aus einseitigen Abhängigkeiten befreien und ihre digitale Zukunft selbst in die Hand nehmen", sagte er. Europa müsse zu einem Ort werden, an dem digitale Technologien nicht nur genutzt, sondern auch entwickelt würden. Die große Mehrheit der Unternehmen (86 Prozent) begrüßt demnach den bevorstehenden Gipfel. 94 Prozent fordern verstärkte Investitionen in Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz und den Aufbau einer leistungsfähigen Cloud-Infrastruktur.