
- von James Oliphant und Tim Reid
Washington, 11. Nov (Reuters) - Der US-Senat hat den Weg für ein vorläufiges Ende der Haushaltssperre geebnet. Wenn das Repräsentantenhaus ebenfalls zustimmt, wird der bislang längste Shutdown der US-Geschichte beendet. Es folgt eine Analyse über die politischen Gewinner und Verlierer sowie die kurz- und langfristigen Folgen für die beteiligten Akteure:
PRÄSIDENT DONALD TRUMP
Obwohl Präsident Trump wiederholt versuchte, die Schuld von sich zu weisen, liegt die Verantwortung für den "Shutdown" letztlich bei ihm. Das Weiße Haus sah sich wochenlang mit Schlagzeilen über Chaos im Flugverkehr und Notlagen bei Familien mit geringem Einkommen konfrontiert. Trump räumte selbst ein, dass der "Shutdown" den Republikanern bei den Wahlen in der vergangenen Woche geschadet haben dürfte. "Die Amerikaner erkennen, dass zehn Monate nach Beginn seiner Präsidentschaft die Kosten nicht gesunken sind", sagte die demokratische Strategin Karen Finney. "Während dieses 40-tägigen 'Shutdowns' hat sich Trump nicht als jemand erwiesen, der für sie kämpft."
Langfristig könnte der Schaden jedoch begrenzt sein. "Ich denke, er geht als Gewinner aus der Sache hervor. Er musste sehr wenig politisches Kapital für den 'Shutdown' aufwenden", erklärte der republikanische Stratege John Elizandro. Die ausgehandelte Einigung erspare ihm eine weitere Eskalation des Konflikts mit den Republikanern im Senat über die Notwendigkeit einer 60-Stimmen-Mehrheit zur Verabschiedung von Gesetzen.
Fazit: Kurzfristiger Verlust, langfristig neutral.
DIE PARTEIEN: REPUBLIKANER UND DEMOKRATEN
Die Republikaner im Senat zeigten unter der Führung von John Thune Geschlossenheit und konnten acht demokratische Senatoren auf ihre Seite ziehen, um die Regierung wieder zu öffnen. Ihr einziges Zugeständnis war die Zustimmung zu einer Abstimmung über die Verlängerung von Subventionen für die Krankenversicherung, von der jedoch erwartet wird, dass sie scheitert. Jüngste Umfragen zeigen jedoch, dass die Wähler eher den Republikanern als den Demokraten die Schuld am "Shutdown" geben, was ein Warnsignal für die Kongresswahl 2026 sein könnte.
Bei den Demokraten führte die Einigung zu einem Riss. Viele in der Partei sind verärgert, dass acht Senatoren nach den jüngsten Wahlerfolgen der Demokraten umschwenkten. "Demokraten, die diesen Kompromiss unterstützt haben, sind rückgratlos", sagte Michael Ceraso, der für die Präsidentschaftskampagne des progressiven Senators Bernie Sanders arbeitete. Der demokratische Fraktionschef im Senat, Chuck Schumer, wurde von den abtrünnigen Kollegen umgangen und stimmte gegen die Einigung. Kritiker aus dem linken Flügel werfen ihm vor, die Einigung zugelassen zu haben und fordern teils seine Ablösung. Langfristig könnten die Demokraten jedoch profitieren: Sollten die Republikaner die Verlängerung der Gesundheitssubventionen blockieren, gäbe dies den Demokraten ein schlagkräftiges Wahlkampfthema.
Fazit Republikaner: Kurzfristiger Sieg, langfristige Anfälligkeit.
Fazit Demokraten: Kurzfristiger Rückschlag, langfristiger Vorteil.
ANGESTELLTE DES BUNDES UND FLUGPASSAGIERE
Die Angestellten der Bundesbehörden gehören zu den Hauptverlierern des "Shutdowns", da sie wochenlang ohne Gehalt auskommen mussten. Mit dem Ende der Haushaltssperre erhalten sie nun ihre Gehälter nachgezahlt. Die Einigung verschafft ihnen zudem eine vorübergehende Atempause von Entlassungsplänen der Trump-Regierung. Beide Parteien haben jedoch ihre Bereitschaft gezeigt, die Bundesangestellten als Verhandlungsmasse zu nutzen, weshalb die Gefahr eines erneuten "Shutdowns" im nächsten Jahr bestehen bleibt.
Auch für Flugreisende war die Lage kritisch. Da 13.000 Fluglotsen und 50.000 Sicherheitskräfte ohne Bezahlung arbeiten mussten, kam es zu massiven Personalausfällen und erzwungenen Flugreduzierungen. Allein am 40. Tag des "Shutdowns" gab es mehr als 10.000 Flugverspätungen. Auch nach der Einigung könnten die Probleme andauern, da in den USA bereits vor dem "Shutdown" rund 3500 Fluglotsen fehlten.
Fazit: Kurzfristige Verluste und langfristige Risiken.
VERSICHERTE IM RAHMEN VON "OBAMACARE"
Für die Demokraten ging es bei dem Streit vordergründig darum, Millionen von Bürgern vor steigenden Krankenversicherungsbeiträgen zu schützen, da die Subventionen für die als "Obamacare" bekannte Versicherung zum Jahresende auslaufen. Die nun erzielte Einigung sichert diesen Schutz jedoch nicht. Die Demokraten hoffen, im nächsten Monat ein Gesetz zur Verlängerung der Subventionen zu verabschieden, doch die Erfolgsaussichten gelten als gering. Scheitert der Versuch, werden die Familien, denen die Demokraten helfen wollten, die volle Last steigender Beiträge spüren.
Fazit: Kurzfristiger Verlust, langfristige Bedrohung.