
Hanoi, 25. Okt (Reuters) - Rund 60 Staaten wollen am Wochenende in der vietnamesischen Hauptstadt Hanoi ein wegweisendes UN-Abkommen gegen Cyberkriminalität unterzeichnen. Dieses soll die internationale Zusammenarbeit gegen Vergehen wie etwa Betrug per E-Mail (Phishing) und Hassrede im Internet verbessern, stößt jedoch bei Aktivisten und Technologiekonzernen auf Kritik. Die EU, die USA und Kanada haben Diplomaten zur Unterzeichnung entsandt. Das Abkommen tritt in Kraft, sobald es von 40 Staaten ratifiziert wurde. Schätzungen der Vereinten Nationen zufolge verursacht Cyberkriminalität weltweit jährlich Schäden in Billionenhöhe.
"Der Cyberraum ist zu einem fruchtbaren Boden für Kriminelle geworden", sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres bei der Eröffnungsrede. "Jeden Tag sorgen ausgeklügelte Betrügereien dafür, dass Familien um ihr Geld gebracht werden, Menschen ihre Existenzgrundlage verlieren und unsere Volkswirtschaften um hohe Summen geschädigt werden."
Kritiker warnen jedoch, die vage Definition von Straftaten könne missbraucht werden. Der Branchenverband Cybersecurity Tech Accord, dem auch die US-Konzerne MetaMETA.O und MicrosoftMSFT.O angehören, bezeichnete das Abkommen als "Überwachungsvertrag". Es könne den Datenaustausch zwischen Regierungen erleichtern und auch solche Hacker kriminalisieren, die Systeme auf Schwachstellen testen. Das zuständige UN-Büro für Verbrechensbekämpfung (UNODC) teilte mit, die Vereinbarung enthalte Bestimmungen zum Schutz der Menschenrechte und unterstütze legitime Forschungsaktivitäten.
Die Wahl des Gastgebers Vietnam stößt ebenfalls auf Kritik. Das US-Außenministerium hatte kürzlich auf "erhebliche Menschenrechtsprobleme" in dem Land hingewiesen, darunter Online-Zensur. Der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zufolge wurden dort in diesem Jahr mindestens 40 Menschen festgenommen, unter anderem weil sie im Internet abweichende Meinungen geäußert hatten.