
Gauting-Stockdorf, 22. Okt (Reuters) - Der angeschlagene Autozulieferer WebastoWEBA.UL bekommt von seinen Gläubigern dreieinhalb Jahre Zeit für eine tiefgreifende Sanierung. Vorstandschef Jörg Buchheim und Chef-Sanierer Johann Stohner schnürten mit den Banken und großen Autobauern ein rund 1,4 Milliarden Euro schweres Finanzierungspaket, mit dem Webasto auf dem Weg zurück in die Gewinnzone bis Ende 2028 abgesichert sei, wie das vor allem für Cabrio- und Schiebedächer bekannte Familienunternehmen am Mittwoch in Stockdorf bei München mitteilte. Die Eigentümerfamilien Baier und Mey müssen dafür die Kontrolle über die Mehrheit der Anteile zumindest vorübergehend abgeben, sonst hätten die Geldgeber nicht mitgespielt. Während der Sanierung haben die Anwälte Christoph Morgen und Jan Markus Plathner als Treuhänder das Sagen.
"Heute ist ein guter Tag für Webasto", sagte Buchheim. "Mit dem Finanzierungspaket gewinnen wir Planungssicherheit und eine klare Perspektive für die Zukunft." Monatelang hatten er und Stohner mit den Gläubigern - acht Banken und 26 Schuldschein-Inhabern - um die Verlängerung von Krediten über 1,2 Milliarden Euro und neue Kredite über 200 Millionen Euro gerungen. Große Kunden wie VolkswagenVOWG.DE und BMWBMWG.DE steuern über die nächsten vier Jahre rund eine halbe Milliarde Euro bei, unter anderem als Inflationsausgleich und für geringere Abnahmemengen, wie Buchheim sagte. "Das gibt uns die Zeit für die notwendige Restrukturierung", ergänzte Stohner.
Webasto hatte sich unter Buchheims Vorgänger mit ehrgeizigen Expansionsplänen verhoben. Das Unternehmen drängte nicht nur in den Markt für E-Auto-Batterien, wo chinesische Anbieter führend sind. Auch ins Geschäft mit E-Auto-Ladestationen wollte Webasto - und den Umsatz damit bis 2028 auf acht Milliarden Euro schrauben. "Das war nachvollziehbar. Die Elektro-Transformation hat sich aber verspätet, so dass das nicht mehr umsetzbar war", sagte Buchheim. Dazu kamen der Abschwung in der Autobranche und ein Großauftrag von FordF.N für den Geländewagen "Bronco", der aus dem Ruder lief und dreistellige Millionenverluste bescherte.
GROSSTEIL DER EINSPARUNGEN DURCH STELLENABBAU
Nun durchläuft Webasto eine harte Sanierung. In Deutschland werden in zwei Schritten fast 1000 von 3700 Stellen gestrichen, im Ausland kommt ein Stellenabbau "in dieser Größenordnung" noch dazu. Weltweit beschäftigt Webasto mehr als 15.000 Menschen. Der Stellenabbau soll allein 60 Prozent zu den Einsparungen von 150 Millionen Euro beitragen, die dem Unternehmen zur Rückkehr in die Gewinnzone verhelfen sollen.
Für das laufende Jahr ist ein Nettoverlust eingeplant, bei einem Umsatz von 4,3 Milliarden Euro. Im kommenden Jahr soll Webasto vor Steuern und Zinsen (Ebit) wieder schwarze Zahlen schreiben, auch wenn der Umsatz dann mit vier Milliarden Euro die Talsohle erreichen dürfte. 2027 will der Konzern auch unter dem Strich wieder Gewinn ausweisen.
Das Sanierungsgutachten, auf dem Buchheims Planungen fußen, geht mittelfristig von Umsätzen von 4,0 bis 4,5 Milliarden Euro und einer operativen Umsatzrendite (Ebit-Marge) von fünf Prozent aus. Spartenverkäufe seien in den Plänen nicht enthalten, sagte der Vorstandschef. Auszuschließen seien sie, auch mit Blick auf den geplanten Schuldenabbau, aber nicht. Für das Geschäft mit Standheizungen etwa seien "alle Optionen offen". Bei E-Auto-Batterien will sich Buchheim auf Hochleistungsaggregate etwa für Sportwagen konzentrieren. Dafür werde ein finanzstarker Partner gesucht.