
Washington/Berlin, 17. Okt (Reuters) - EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat angesichts weltweiter politischer Unsicherheiten die Unabhängigkeit der Notenbanken angemahnt. In einem von Handelskonflikten und geopolitischen Spannungen geprägten Umfeld sei es unerlässlich, dass die Zentralbanken die Unabhängigkeit hätten, um ihre Mandate vollständig zu erfüllen, sagte Lagarde am Freitag bei der Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington. Die Europäische Zentralbank (EZB) sei entschlossen, die Inflation mittelfristig bei ihrem Ziel von zwei Prozent zu stabilisieren. Der Leitzins, über den die EZB ihre Geldpolitik steuert, liegt derzeit bei zwei Prozent. Die Notenbank verfolge bei ihren Zinsentscheidungen einen von Daten abhängigen Ansatz und lege sich nicht auf einen bestimmten Pfad fest, bekräftigte Lagarde.
Ihre Äußerungen rund um die Unabhängigkeit von Geldpolitik dürften auch als Rückendeckung für den Präsidenten der US-Notenbank Fed, Jerome Powell, gelten. Dieser steht unter massivem Druck von US-Präsident Donald Trump, die Zinsen deutlich zu senken. Für den nächsten Zinsentscheid Ende des Monats erwarten Experten eine weitere Senkung um einen Viertelprozentpunkt. Die Federal Reserve (Fed) hatte den Leitzins bereits im September um 0,25 Prozentpunkte auf die Spanne von 4,00 bis 4,25 Prozent nach unten gesetzt.
Die Wirtschaft im Euroraum war im ersten Halbjahr um insgesamt 0,7 Prozent gewachsen. Für den Rest des Jahres dürften höhere Zölle, ein stärkerer Euro und ein verschärfter globaler Wettbewerb das Wachstum jedoch bremsen, erklärte Lagarde. Die jüngsten Prognosen der EZB-Volkswirte sehen für das laufende Jahr ein Wachstum von 1,2 Prozent vor. Die Risiken für das Wachstum seien inzwischen ausgewogener, da die Wahrscheinlichkeit größerer zollbedingter Abwärtsrisiken durch ein neues Handelsabkommen gesunken sei, sagte die EZB-Präsidentin weiter. Geopolitische Spannungen blieben jedoch ein wesentlicher Grund der Unsicherheit. Lagarde bekräftigte zudem die Forderung, die Widerstandsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Euroraums zu stärken.