
Berlin, 16. Okt (Reuters) - Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat die heftigen Debatten auch in der Koalition über die Pläne zum neuen Wehrdienst gerechtfertigt. "Alles weniger als eine leidenschaftliche, offene, auch hitzige Debatte über eine solche Frage wäre für mich eine Enttäuschung gewesen", sagte der SPD-Politiker am Donnerstag bei der ersten Beratung seines Wehrdienstgesetzes im Bundestag. Das Thema verdiene eine ehrliche und offene Debatte, weil es das Leben vieler Menschen betreffe. Pistorius zeigte sich offen für Alternativen, die im parlamentarischen Verfahren diskutiert werden könnten. Der Streit über die besten Antworten verlange von allen "viel Ernsthaftigkeit und einen ideologiefreien Blick auf die Wirklichkeit".
Fachpolitiker von SPD und Union hatten sich im Vorfeld der ersten Lesung auf Änderungen des Konzepts von Pistorius verständigt. Die SPD-Fraktion insgesamt stellte sich aber in einer hitzigen Sitzung nicht hinter das Konzept, besonders Pistorius selbst wandte sich dagegen. Eine gemeinsame Pressekonferenz der Fraktionen wurde am Dienstagabend in letzter Minute abgesagt. Das Konzept sah unter anderem ein Losverfahren bei Mangel an Reservisten vor, die dann zu einer Musterung verpflichtet werden sollten.
Hintergrund ist, dass die Bundeswehr bis Anfang der 2030er Jahre rund 460.000 Soldaten aufbieten soll. Dies sind fast 200.000 mehr als derzeit. 200.000 davon sollen Reservisten sein. Diese sollen dem Konzept von Pistorius zufolge vor allem über neue Wehrdienstleistende gewonnen werden.