
Berlin, 15. Okt (Reuters) - Trotz des Widerstands in der SPD-Fraktion gegen ein Losverfahren beim Wehrdienst hält die Union an der Idee fest. "Ich sehe nicht so, dass das Losverfahren aus dem Rennen ist", sagte der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Thomas Röwekamp, am Mittwoch in Berlin. Trotz des Gegenwinds auch von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sei dies weiterhin eine Option im parlamentarischen Verfahren. Die erste Beratung im Bundestag werde wie geplant am Donnerstag beginnen. Änderungen am Regierungsentwurf seien dabei der "ganz normale Lauf der Dinge". Mit Blick auf die SPD-Ablehnung sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion, Thomas Erndl (CSU): "Da schauen wir mal, das braucht vielleicht bei manchen etwas, bis die Vorteile verstanden werden. Aber ich bin da zuversichtlich, dass wir in jedem Fall eine Art Bedarfswehrpflicht da unterbringen."
Fachpolitiker von Union und SPD hatten sich auf Änderungen am Gesetzentwurf verständigt und mit einem Losverfahren eine Art Pflichtelement in die Auswahl von Wehrdienstleistenden eingebaut. Die SPD-Fraktion pocht jedoch auf weitgehende Freiwilligkeit beim geplanten neuen Wehrdienst. In der Fraktionssitzung am Dienstag stieß die Vereinbarung daher auf Ablehnung. Auch Pistorius sprach sich dagegen aus. Eine geplante gemeinsame Pressekonferenz mit der Union wurde kurzfristig abgesagt. Die Union warf Pistorius daraufhin vor, das Verfahren zu torpedieren.
Koalitionskreisen zufolge war im Kern dem neuen Vorschlag zufolge ein dreistufiges System vorgesehen, das sich am dänischen Modell anlehnt. Alle jungen Männer eines Jahrgangs müssen einen Fragebogen zum Wehrdienst beantworten und können sich freiwillig für mindestens sechs Monate melden. Finden sich hier nicht genug, wird im zweiten Schritt aus dem Jahrgang eine bestimmte Menge gelost, um die fehlenden Reservisten aufzufüllen. Diese sollen zunächst gezielt überzeugt werden, freiwillig zu dienen. Führt auch dies nicht zum Ziel, müsste der Bundestag einen Beschluss fassen und die Fehlenden zwangsweise einziehen.
Röwekamp verteidigte die Debatte innerhalb der Koalition. "Wir reden nicht über Pillepalle, sondern über ein ganz wesentliches Gesetz, das auch für viele Menschen in Deutschland, insbesondere für eine ganze Generation, von großer Bedeutung ist." Er gehe davon aus, dass man am Ende einen gemeinsamen Weg finden werde.
Hintergrund ist, dass die Bundeswehr angesichts der Bedrohung aus Russland eine Stärke von 460.000 Soldaten anstrebt. Dies sind fast 200.000 mehr als derzeit. 200.000 davon sollen Reservisten sein. Diese sollen vor allem über Wehrdienstleistende gewonnen werden. Im Vordergrund soll Freiwilligkeit stehen. Gestritten wird über den Weg, falls sich pro Jahrgang nicht ausreichend Rekruten finden.