
Berlin, 13. Okt (Reuters) - Der Verfassungsschutz hat vor einer großen Gefahr durch die islamistische Hamas in Deutschland nach dem Gaza-Abkommen gewarnt. Auch mögliche Friedensverhandlungen im Nahen Osten änderten daran nichts, sagte Verfassungsschutz-Präsident Sinan Selen am Montag bei einer Anhörung im Geheimdienst-Ausschuss des Bundestages. "Ich kann da in keinster Weise aus dem Friedenskontext oder aus den Friedensverhandlungen in Gaza eine Entwarnung geben, was die Hamas und deren Wirken in Europa, so auch in Deutschland, angeht." Deutschland sei für die Hamas seit langem ein Rückzugs- und Infrastrukturraum. Das Personenpotenzial bezifferte Selen auf 32.500, ein Anstieg um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die Hamas sehe Deutschland zudem als Operationsraum an. Dies zeige die kürzliche Festnahme von drei Hamas-Aktivisten, die Anschläge auf Juden in Deutschland geplant haben sollen.
Die besondere Herausforderung sei ein professionelles Vorgehen der Täter, erklärte Selen weiter. Diese nutzten alle Möglichkeiten im Internet, um ihre Kommunikation zu verschleiern und Tatplanungen zu verbergen. Zudem gebe es gerade online sehr schnelle Radikalisierungen, durch die die Hamas einfacher rekrutieren könne. Organisationen wie die Hamas setzten dabei auch auf organisierte kriminelle Strukturen.
Auch der Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), Martin Jäger, äußerte sich besorgt: Sollte die Hamas aus dem Gazastreifen verdrängt werden, bestehe ein "sehr reales Risiko", dass sie ihr Vorgehen außerhalb des Gebiets ausweite. Dies würde den arabischen Raum, aber ganz sicher auch Europa betreffen. Jäger zog dabei einen Vergleich zur Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) in den 1960er- und 70er-Jahren.