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HINTERGRUND-KI bedroht Jobs - Synchronsprecher fordern Regulierung

ReutersJul 30, 2025 5:00 AM
  • Filmsynchronisation hat lange Tradition in Europa
  • KI macht fremdsprachige Fassungen mit Originalstimmen möglich
  • Schauspieler fordern faire Bezahlung für Nutzung ihrer Stimmen

- von Elizabeth Pineau und Miranda Murray und Dawn Chmielewski

- Ihre Gesichter kennen wenige, ihre Stimmen jeder deutsche Kinofan: Daniela Hoffmann und Manfred Lehmann synchronisieren Hollywood-Größen wie Julia Roberts und Bruce Willis. Damit könnte es vorbei sein, wenn Künstliche Intelligenz (KI) diese Aufgabe übernimmt. Daher fordern Synchronsprecherinnen und -sprecher europaweit eine Regulierung dieser Technologie und einen fairen Umgang bei der Nutzung ihrer Stimmen für das KI-Training.

"Wir haben momentan eine gewisse Wild-West-Mentalität", sagt Cedric Cavatore, Mitglied im Verband Deutscher Synchronsprecher (VDS). "Die großen Tech-Unternehmen schlagen überall Pflöcke ein und trainieren mit urheberrechtlich geschütztem Material einfach drauflos. Nur weil etwas im Internet abrufbar ist, heißt das ja nicht, dass es zur freien Verfügung steht." Außerdem sei Synchronisation mehr als eine reine Übersetzung, sondern ein "kultureller Transfer". Cavatore hat mehr als hundert Dokumentarfilme vertont sowie Filme und Videospiele synchronisiert.

Auch Boris Rehlinger beobachtet die Entwicklung mit Sorge. "Ich fühle mich bedroht, obwohl meine Stimme bislang noch nicht durch KI ersetzt wurde", sagt der Schauspieler, der in französischen Fassungen von US-Filmen Ben Affleck und Joaquin Phoenix synchronisiert. "Wir brauchen Gesetze." Schließlich seien auch Straßenverkehrsordnungen erlassen worden, als Autos die Kutschen zu verdrängen begannen.

Der VDS fordert unter anderem, dass Firmen ihre Stimmen-KI nur mit ausdrücklicher Genehmigung der betroffenen Schauspieler trainieren dürfen. Diese müssten zudem angemessen entlohnt und die KI-Inhalte als solche gekennzeichnet werden. Die entsprechende VDS-Initiative hat bislang mehr als 75.500 Unterschriften eingesammelt.

KUNSTFORM MIT LANGER TRADITION

In Europa hat die Synchronisation ausländischer Filme eine lange Tradition. Der Marktforschungsfirma GWI zufolge ziehen 43 Prozent der Zuschauer in Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien bei Filmen und Serien Fassungen in ihrer Landessprache untertitelten Versionen vor. Vor allem in der Bundesrepublik seien Synchronfassungen künstlerisch hochwertig, betont Eberhard Weckerle, Geschäftsführer des Synchronstudios Neue Tonfilm München. "Wir haben eine Synchronkultur, die über Jahrzehnte gewachsen ist."

Grundsätzlich könne man sich der neuen Technologie nicht verschließen, fügt der Toningenieur hinzu. Er sehe KI aber eher als Hilfswerkzeug zum Beispiel bei Übersetzungen. Allerdings bestehe die Gefahr, dass Produzenten wegen der geringeren Kosten Qualitätseinbußen in Kauf nähmen. "Das wäre das Allerschlimmste, was uns passieren kann."

Beispiele hierfür gibt es bereits: Im Frühjahr musste der Streamingdienst ViaplayVPLAYb.ST die deutsche Fassung seiner polnischen Krimiserie "Mörderinnen" zurückziehen. Zuschauer hatten sich über die monotonen KI-Dialoge beschwert. Das schwedische Unternehmen will nun über Alternativen nachdenken.

STREAMING BEFLÜGELT MILLIARDENSCHWERES GESCHÄFT

Der Synchronisationsmarkt wird Schätzungen zufolge im laufenden Jahr ein Volumen von weltweit 4,3 Milliarden Dollar erreichen. Bis 2033 soll sich dieser Wert auf 7,6 Milliarden Dollar beinahe verdoppeln. Getrieben wird das Wachstum von den großen Streaming-Plattformen wie NetflixNFLX.O, die lokale Produktionen weltweit vermarkten. Beispiele hierfür sind die sükoreanische Serie "Squid Game" oder "Lupin" aus Frankreich. Der US-Konzern experimentiert nach eigenen Aussagen auch mit einer KI-Technik, die Lippenbewegungen den Worten in der jeweiligen Landessprache anpasst. Die Dialoge werden bislang aber wie bisher von Schauspielern gesprochen.

Langfristig führe kein Weg an KI-Synchronisationen vorbei, prognostiziert Stefan Sporn, Gründer des Kölner KI-Audiounternehmens Audio Innovation Lab. Geringere Kosten seien dabei nur ein Aspekt. "Wir können erstmalig in der Filmgeschichte mit den Originalstimmen der Darsteller arbeiten. Das war bislang nicht möglich, weswegen es überhaupt Synchronsprecher geben musste." Der menschliche Faktor werde jedoch niemals völlig verschwinden. Er sei für den Transport von Emotionen oder für die Erfassung von Sprachnuancen unverzichtbar. Einige Startups wie DeepDub aus Israel oder Flawless AI arbeiten daher an hybriden Ansätzen, bei denen menschliche und künstliche Komponenten ineinandergreifen.

Umso wichtiger sei ein klares Regelwerk zum Schutz von Urheberrechten, betont VDS-Mitglied Cavatore. Ansonsten werde niemand mehr geistiges Eigentum produzieren, "weil er denkt, 'morgen wird es mir eh geklaut'". Sein Verband arbeitet mit United Voice Artists zusammen. Das weltweite Netzwerk aus 20.000 Synchronsprechern setzt sich für einen ethischen Umgang mit KI und faire Bezahlung ein. In den USA einigten sich die dortigen Synchronsprecher vor wenigen Wochen mit den Film- und Fernsehstudios auf entsprechende Rahmenbedingungen.

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