Jerusalem/Gaza-Stadt, 27. Jul (Reuters) - Angesichts der Berichte über eine Hungersnot im Gazastreifen hat Israel örtlich und zeitlich beschränkte Feuerpausen zur Versorgung der Bevölkerung angekündigt. Die militärischen Operationen würden von Sonntag an täglich für zehn Stunden in Teilen des Palästinensergebiets eingestellt, teilte das Militär mit. Die Regelung gelte von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr Ortszeit in Al-Mawasi, Deir al-Balah und Gaza-Stadt. Zudem würden sichere Routen für Hilfskonvois eingerichtet. UN-Nothilfekoordinator Tom Fletcher begrüßte den Schritt und kündigte an, die Zeitfenster für humanitäre Lieferungen zu nutzen.
Hilfsorganisationen hatten vor einer Hungerkatastrophe unter den 2,2 Millionen Bewohnern des Gazastreifens gewarnt. Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sind seit Kriegsbeginn 127 Menschen an Unterernährung gestorben, darunter 85 Kinder. Um die Not zu lindern, schickte der Ägyptische Rote Halbmond am Sonntag nach eigenen Angaben mehr als 100 Lastwagen mit Lebensmitteln.
Die israelische Regierung hingegen hat erklärt, sie habe genügend Lebensmittel in den Gazastreifen gelassen, und macht die Hamas für das Leid der Menschen verantwortlich. Die internationale Besorgnis über die humanitäre Lage hatte unter anderem den französischen Präsidenten Emmanuel Macron dazu bewogen, die Anerkennung eines palästinensischen Staats für September anzukündigen.
Der rechtsextreme israelische Sicherheitsminister Itamar Ben-Gwir kritisierte die Feuerpausen als "Kapitulation" vor der Hamas. Er forderte erneut einen vollständigen Stopp der Hilfslieferungen, die Eroberung des gesamten Gebiets und die Aufforderung an die palästinensische Bevölkerung, dieses zu verlassen. Israel betont seine Verpflichtung zu Hilfslieferungen, besteht jedoch auf Kontrollen, um eine Umleitung durch die Hamas zu verhindern. Israel und die USA hatten am Freitag die Verhandlungen über eine Waffenruhe für gescheitert erklärt, da die Hamas keine Bereitschaft zu einem Abkommen zeige.
Der Krieg begann am 7. Oktober 2023 mit dem Überfall der Hamas auf Israel, bei dem rund 1200 Menschen getötet und 251 Geiseln verschleppt wurden. Bei der seither andauernden israelischen Offensive wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde fast 60.000 Menschen im Gazastreifen getötet. Das Gebiet ist größtenteils zerstört und ein Großteil der Bevölkerung innerhalb des Gazastreifens vertrieben.