Berlin, 23. Jul (Reuters) - Bundesaußenminister Johann Wadephul hält trotz wachsender Kritik an seiner Israel-Politik fest. In einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der "Zeit" verteidigte der CDU-Politiker seine Entscheidung, eine Erklärung zahlreicher westlicher Staaten nicht zu unterzeichnen, in der ein sofortiges Ende des Gaza-Krieges gefordert wird. Niemand könne von Deutschland verlangen, Israel im Stich zu lassen, das vom Iran, von der jemenitischen Huthi-Miliz, der libanesischen Hisbollah und der Hamas bedroht werde, sagte Wadephul. Wegen seiner Haltung hat es auch Kritik aus den Reihen des Koalitionspartners SPD gegeben.
"Vor allem aber darf das perfide Spiel der Hamas nicht aufgehen, die sowohl die Geiseln als auch die palästinensische Bevölkerung in Gaza weiter als Faustpfand nimmt", mahnte Wadephul. Deutschland könne im Nahost-Konflikt kein neutraler Mittler sein, "weil wir parteiisch sind. Wir stehen an der Seite Israels". Dennoch genieße die Bundesrepublik auch unter arabischen Staaten große Anerkennung. "Viele sehen uns als die europäische Kraft, die Einfluss auf Israel hat. Auch deswegen sprechen viele arabische Kollegen mit mir", sagte der Minister. Waffenlieferungen Deutschlands an Israel habe bisher keiner von ihnen kritisiert. "Aber wir werden aufgefordert, noch stärker politischen Druck auf Israel auszuüben."
Angesichts der weiter zunehmenden humanitären Krise im Gazastreifen war am Montag eine Erklärung von zahlreichen westlichen Staaten veröffentlicht worden, in der ein sofortiges Ende des Kriegs gefordert wird. Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem Großbritannien, Frankreich, Kanada, Japan und Australien. Entwicklungshilfeministerin Reem Alabali Radovan (SPD) und der Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch, kritisierten, dass die Bundesregierung nicht zu den Unterzeichnern gehörte.
Wadephul hat nach eigenen Worten eine Verbesserung der Nothilfe im Gazastreifen festgestellt. "Ich sehe eine gewisse Entwicklung, die allerdings längst nicht ausreichend ist", sagte der Minister der "Zeit". "Wir arbeiten darauf hin, dass es einen Waffenstillstand gibt zwischen Israel und der Hamas. Dieser muss dann auch wieder vollständigen Zugang zur humanitären Versorgung ermöglichen."