Berlin, 08. Mai (Reuters) - Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat der neuen US-Regierung einen "Wertebruch" vorgeworfen. "Es ist nicht weniger als ein doppelter Epochenbruch – der Angriffskrieg Russlands, der Wertebruch Amerikas –, er markiert das Ende des langen 20. Jahrhunderts", sagte der Bundespräsident am Donnerstag beim Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren. Er warf Russland einen imperialistischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vor. "Aber dass sich nun ausgerechnet auch die Vereinigten Staaten, die diese Ordnung maßgeblich geprägt haben, von ihr abwenden, ist eine Erschütterung von ganz neuem Ausmaß", fügte er hinzu.
Es gebe insgesamt "eine Faszination des Autoritären und populistische Verlockungen" auch in Europa. Aber man sehe mit Schrecken, "dass selbst die älteste Demokratie der Welt schnell gefährdet sein kann, wenn die Justiz missachtet, die Gewaltenteilung ausgehebelt, die Freiheit der Wissenschaft angegriffen wird".
Auch in Deutschland erstarkten extremistische Kräfte. "Sie verhöhnen die Institutionen der Demokratie und diejenigen, die sie repräsentieren. Sie vergiften unsere Debatten", kritisierte Steinmeier. "Sie spielen mit den Sorgen der Menschen. Sie betreiben das Geschäft mit der Angst. Sie hetzen Menschen gegeneinander auf. Sie erwecken alte böse Geister zu neuem Leben." Wer Gutes für Deutschland wolle, der müsse das Miteinander, den Zusammenhalt und den friedlichen Ausgleich von Interessen schützen. Das erwarte er von allen Demokraten. Einzelne Parteien nannte er nicht.