Investing.com - Die US-Aktienmärkte starten vorbörslich mit deutlichen Gewinnen. Rückenwind kommt von Medienberichten, laut denen das Weiße Haus schon bald ein Handelsabkommen mit dem Vereinigten Königreich bekannt geben könnte. Die US-Notenbank (Fed) hat die Zinssätze derweil unverändert gelassen, doch Fed-Chef Jerome Powell mahnt zur Vorsicht: Die geplanten, schärferen US-Zölle könnten seiner Einschätzung nach „wahrscheinlich“ das Risiko steigender Inflation und höherer Arbeitslosigkeit erhöhen. Auch auf Unternehmensseite zeigen sich erste Reaktionen: Der Autobauer Toyota (TYO:7203) rechnet damit, dass sein jährlicher Betriebsgewinn durch die US-Zölle unter Druck geraten könnte.
Vor Börsenstart zeigen sich die US-Aktienmärkte heute durchweg freundlich. Viele Anleger reagieren positiv auf die Aussicht auf ein mögliches Handelsabkommen zwischen den USA und Großbritannien. Gleichzeitig verarbeiten die Märkte noch die jüngsten Aussagen von Fed-Chef Powell zum Zinsausblick.
Aktuell liegt der Dow Future 0,5 % im Plus, der S&P 500 gewinnt 0,7 % und der Nasdaq 100 legt sogar um 1,0 % zu.
Schon gestern hatten die großen US-Indizes freundlich geschlossen – gestützt durch Berichte, wonach die Exportbeschränkungen für KI-Chips aus den USA etwas gelockert werden könnten. Das sorgte zum Handelsschluss für eine breite Erholung bei Halbleiterwerten, nachdem es im Vorfeld der Zinsentscheidung der Fed zu spürbarer Volatilität gekommen war.
Bei den Einzelwerten stachen die Aktien von Walt Disney (NYSE:DIS) hervor: Sie zogen den Dow Jones Industrial Average mit nach oben, nachdem das Unternehmen mit seinen Zahlen für das zweite Quartal trotz wirtschaftlicher Unsicherheiten besser abschnitt als erwartet.
Laut Medienberichten will US-Präsident Donald Trump heute die Grundzüge eines Handelsabkommens mit dem Vereinigten Königreich vorstellen. Es wäre das erste Abkommen, das das Weiße Haus abschließt, seitdem es Zölle sowohl gegen Verbündete als auch gegen Rivalen verhängt hat. Laut Wall Street Journal soll es sich um ein Rahmenabkommen mit Anpassungen bei den Zollsätzen handeln.
Trump selbst hatte am Mittwoch über soziale Medien angekündigt, es handle sich um ein „GROSSES HANDELSABKOMMEN MIT VERTRETERN EINES GROSSEN UND SEHR ANGESEHENEN LANDES“. Außerdem erklärte er, es werde „DAS ERSTE VON VIELEN“ sein.
Wie die New York Times (NYSE:NYT) berichtet, sind bisher nur wenige Details zu dem Abkommen bekannt. Im Gespräch sei unter anderem eine Senkung der britischen Zölle auf US-Autos und Agrarprodukte sowie der Abbau britischer Abgaben auf US-Tech-Unternehmen.
Das Weiße Haus versucht demnach, während eines 90-tägigen Aufschubs der geplanten „reziproken“ Strafzölle Handelsabkommen mit einer Vielzahl von Ländern abzuschließen. Trotz dieses Aufschubs gelten jedoch weiterhin mehrere Abgaben – darunter ein allgemeiner Zollsatz von 10 % sowie zusätzliche Zölle auf Produkte wie Stahl, Aluminium und Autos.
Der Offenmarktausschuss der US-Notenbank hat die Leitzinsen gestern unverändert belassen, dabei aber auf zunehmende Risiken bei Inflation und Arbeitsmarkt hingewiesen.
In der Pressekonferenz nach der Sitzung erklärte Fed-Präsident Jerome Powell, dass Trumps aggressive Zollpolitik „wahrscheinlich“ zu höheren Preisen führen werde. Gleichzeitig könnten die Maßnahmen das Beschäftigungswachstum bremsen und die Gesamtwirtschaft belasten. Insgesamt erinnere das Szenario zunehmend an eine sogenannte „Stagflation“.
Ein Großteil von Trumps „reziproken“ Zöllen – mit Ausnahme der extrem hohen Abgaben von mindestens 145 % auf chinesische Importe – wurde bis Juli ausgesetzt. Dennoch deuten Powells Aussagen darauf hin, dass die Fed befürchtet, dass viele dieser Zölle noch im Laufe des Jahres wieder eingeführt werden könnten.
Im Vorfeld der Zinsentscheidung hatte die Notenbank mit einem eher gemischten Datenbild zu kämpfen. So ist das US-Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal geschrumpft – ein Warnsignal für das Wirtschaftswachstum. Auf der anderen Seite zeigen sich die Verbraucherausgaben und die Arbeitsmarktdaten weiterhin stabil.
Wichtig: In ihrer aktuellen Stellungnahme hat die Fed laut Paul Ashworth, Chefökonom für Nordamerika bei Capital Economics, „keinen Hinweis“ auf mögliche weitere Zinssenkungen gegeben. Der Leitzins liegt seit Dezember in einer Spanne von 4,25 % bis 4,5 %. Powell betonte zudem, dass es „überhaupt nicht klar“ sei, wie die Geldpolitik angesichts der bestehenden Unsicherheiten rund um die Zölle reagieren sollte.
Der japanische Autohersteller Toyota Motor (TYO:7203) (NYSE:TM) hat davor gewarnt, dass sein Gewinn im laufenden Geschäftsjahr um bis zu 20 % einbrechen könnte – vor allem als Folge der US-Zölle unter Präsident Trump. Toyota rechnet nun mit einem jährlichen Betriebsergebnis von rund 26 Milliarden Dollar.
CEO Koji Sato betonte, dass die Unsicherheit über die zukünftige Zollpolitik die Planung erheblich erschwert. Mit dieser Einschätzung steht er nicht allein – auch andere Unternehmen hatten sich in ihren aktuellen Quartalsberichten ähnlich geäußert.
Hinzu kommt, dass die jüngste Schwäche des US-Dollars – verstärkt durch die Auswirkungen der Zölle – Toyotas Einnahmen in den USA belasten könnte, wenn diese in die Konzernergebnisse einfließen.
Auch aus der japanischen Spielebranche gab es Neuigkeiten: Nintendo (TYO:7974) rechnet für das laufende Geschäftsjahr mit einem Anstieg des operativen Gewinns. Allerdings könnten mögliche Probleme in den globalen Lieferketten – ebenfalls handelspolitisch bedingt – die Erträge der kommenden Switch-2-Konsole unter Druck setzen.
Im Tagesverlauf rücken außerdem weitere Quartalszahlen in den Fokus der Anleger. Erwartet werden unter anderem die Ergebnisse von ConocoPhillips (NYSE:COP) und Coinbase Global (NASDAQ:COIN).
Der Ölpreis legt im bisherigen Handelsverlauf zu – unterstützt von der Hoffnung, dass die anstehenden Gespräche zwischen den USA und China Fortschritte bringen könnten. Eine Einigung zwischen den beiden größten Rohölverbrauchern der Welt würde die Nachfrage stützen.
Die Nordseesorte Brent steigt aktuell um rund 0,6 % auf 61,47 Dollar je Barrel. Die US-Referenzsorte West Texas Intermediate verteuert sich um 0,7 % auf 58,48 Dollar je Barrel.
Leicht unter Druck steht hingegen der Goldpreis. Die Aussicht auf eine mögliche Entspannung im Handelskonflikt zwischen China und den USA sowie ein festerer US-Dollar nehmen dem Edelmetall aktuell etwas von seiner Attraktivität.