Investing.com - Der jüngste Rückgang an den US-Börsen dürfte kein verlässliches Warnsignal für eine bevorstehende Rezession sein. Davon geht das Analysehaus Capital Economics in einer am Freitag veröffentlichten Einschätzung aus. Vielmehr handele es sich um eine weitere Fehleinschätzung der Märkte – ähnlich wie in früheren Phasen.
Der S&P 500 hatte von seinem Hoch Mitte Februar bis Anfang April fast 19 Prozent verloren. Damit wurde die Schwelle eines klassischen Bärenmarkts nur knapp verfehlt. Analysten von Capital Economics führten den Rückgang allerdings nicht auf schwächere Fundamentaldaten zurück. Die Bewegung sei vielmehr durch veränderte Anlegerstimmung und eine sinkende Bereitschaft, hohe Bewertungen zu zahlen, ausgelöst worden.
„Die Kursentwicklung resultiert vor allem aus Veränderungen beim KGV – nicht aus sinkenden Gewinnerwartungen“, hieß es in der Analyse. Außerhalb des Energiesektors seien die Schätzungen kaum angepasst worden.
Historisch hätten sich nur solche Bärenmärkte als Rezessionssignal erwiesen, bei denen die fallenden Kurse mit tatsächlichen Gewinnwarnungen einhergegangen seien – was derzeit nicht der Fall sei. Als Parallelen nennt Capital Economics die Jahre 1987 und 2022.
Auch der Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal werde von den Experten relativiert. Die Nachfrage innerhalb der USA bleibe robust, was unter anderem an vorgezogenen Käufen im Zuge erwarteter Zölle liegen könne. Zwar belasteten die US-Handelskonflikte einzelne Bereiche, etwa die Industrieproduktion. Insgesamt aber bleibe der Effekt begrenzt.
„Zölle wirken – aber sie bremsen nicht alles ab“, so das Fazit. Die Analysten verwiesen auf ISM-Daten, wonach zwar Gegenwind herrsche, eine deutliche Rezession aber nicht abzulesen sei.
Risiken bleiben jedoch – etwa durch Chinas Fortschritte im Bereich Künstliche Intelligenz oder mögliche wirtschaftliche Folgen der Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump. Dennoch überwiegt für Capital Economics derzeit der Eindruck: Der jüngste Rücksetzer an den Börsen sei eher ein Stimmungsphänomen – und kein Vorbote eines wirtschaftlichen Einbruchs.
Entscheidend für den weiteren Kursverlauf dürfte nun sein, ob die Tech-Giganten mit Fokus auf Künstliche Intelligenz ihre Gewinnziele halten können.