Investing.com - Der jüngste Rebound an den Börsen könnte schon bald ins Stocken geraten. Davor warnt Mislav Matejka, Chefstratege für globale und europäische Aktien bei JPMorgan (NYSE:JPM). Grund seien sinkende Gewinnerwartungen, die auf die Kurse drücken dürften - auch wenn viele Unternehmen im ersten Quartal die bereits nach unten angepassten Prognosen übertreffen könnten.
„Die wöchentlichen Gewinnschätzungen sind in den USA und Europa wieder ins Minus gedreht und verlangsamen sich deutlich“, schrieb Matejka in einer aktuellen Marktanalyse. Historisch seien solche negativen Revisionen ein Signal für sinkende Kurs-Gewinn-Verhältnisse - was typischerweise mit schwächerer Marktperformance einhergehe.
Die Folge: Die jüngste Erholung an den Aktienmärkten, die unter anderem durch überverkaufte technische Muster gestützt worden war, könnte laut JPMorgan ins Stocken geraten. Sowohl die Gewinnrevisionen als auch das nachlassende Bewertungsniveau dürften die Performance in den kommenden Monaten belasten.
Zwar seien die Erwartungen für das erste Quartal bereits niedrig, die Analysten rechnen vielerorts mit positiven Überraschungen. Der Fokus dürfte sich jedoch rasch auf den Ausblick der Unternehmen verschieben. Angesichts zunehmender Unsicherheit in der Handelspolitik sei zu erwarten, dass viele Firmen ihre Prognosen vorsichtiger formulieren. Matejka zufolge könnte dies auch bewusst genutzt werden, um die Erwartungen für das Gesamtjahr zu dämpfen.
Auch die konjunkturellen Rahmenbedingungen geben wenig Rückenwind. So hätten sich die globalen Einkaufsmanagerindizes (PMIs) im ersten Quartal abgeschwächt. Zudem seien die Relationen von Neuaufträgen zu Lagerbeständen rückläufig - ein weiterer Hinweis auf verhaltenere Töne aus den Unternehmen.
Für das erste Quartal wird aktuell ein Gewinnrückgang von rund acht Prozent im S&P 500 gegenüber dem Vorquartal erwartet - deutlich mehr als der saisonal übliche Rückgang von etwa einem Prozent. Das mediane EPS-Wachstum liegt im Jahresvergleich bei lediglich einem Prozent. Außerhalb der wachstumsstarken Tech-Schwergewichte - den „Magnificent Seven“ - dürften die Gewinne nur um rund drei Prozent zulegen. Damit würde sich das nunmehr dreijährige Muster schwacher Gewinnentwicklung fortsetzen.
Besonders zyklische Werte und Exporteure stehen laut Matejka unter Druck. Anleger dürften in den kommenden Monaten verstärkt defensive Sektoren ansteuern - vor allem dann, wenn die Anleiherenditen wieder sinken. Besser behaupten könnten sich zudem Rohstoffwerte, deren Gewinnprognosen weiterhin über den aktuellen Spotpreisen liegen.
Auch die längerfristigen Aussichten trüben sich ein: Die Jahresprognosen für das Gewinnwachstum wurden in den USA und Europa seit Jahresbeginn bereits um rund zwei Prozent gesenkt. Sollte die Rezessionsangst zunehmen, sei weiteres Abwärtspotenzial nicht auszuschließen.
Immerhin: Für europäische Unternehmen könnte sich das Umfeld erstmals seit längerer Zeit relativ günstiger darstellen. Der Rückstand bei den PMIs sei zuletzt geschrumpft, und auch die Konsensannahmen wirkten weniger ambitioniert als in den USA. „Wir glauben, dass sich die Gewinnentwicklung in Europa im Vergleich zu den USA verbessern dürfte“, so Matejka.
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