
Berlin, 20. Nov (Reuters) - Der US-Arbeitsmarkt hat im September überraschend deutlich zugelegt. Es kamen 119.000 neue Jobs außerhalb der Landwirtschaft hinzu, wie aus dem am Donnerstag mit Spannung erwarteten Bericht der Regierung hervorgeht. Von Reuters befragte Ökonomen hatten nur einen Zuwachs von 50.000 Stellen erwartet. Allerdings wurde die Zahl der im August geschaffenen Arbeitsplätze revidiert. Statt einem ursprünglich gemeldeten Plus von 22.000 Jobs gingen 4000 Stellen verloren. Die Arbeitslosenquote stieg im September auf 4,4 von 4,3 Prozent. In ersten Reaktionen hieß es:
THOMAS GITZEL, CHEFVOLKSWIRT VP BANK:
"Das September-Zahlenwerk zeigt einen robusten Arbeitsmarkt. Allerdings wurde der Arbeitsplatzaufbau in den Vormonaten nach unten revidiert. Das übergeordnete Bild einer schwächeren Beschäftigungsdynamik bleibt damit erhalten. Dabei spielt ein geringeres Arbeitsangebot aufgrund der restriktiveren Einwanderungspolitik eine sekundäre Rolle. Umfragen unter Verbrauchern zeigen, dass es deutlich schwieriger geworden ist, eine neue Stelle zu bekommen.
Die Fed wird für ihren Zinsentscheid im Dezember weitere Informationen benötigen. Liegen zu wenig aktuelle Daten vor, wird sie im Zweifelsfalle auf eine weitere Zinssenkung verzichten. Das robuste Zahlenwerk im September hat die Wahrscheinlichkeit für eine Dezember-Zinssenkung zunächst reduziert. Das heißt aber nicht, dass es dabei auch bleibt. Die US-Währungshüter werden bis zur Dezember-Sitzung noch einige Daten erhalten, um sich ein vollständiges Bild zum Zustand der US-Wirtschaft zu machen."
CYRUS DE LA RUBIA, CHEFVOLKSWIRT HAMBURG COMMERCIAL BANK:
"Die Beschäftigung ist deutlich stärker expandiert, als das zu erwarten war. Allerdings ist diese Zahl für September nur von eingeschränkter Relevanz für die Fed, weil sie so weit in der Vergangenheit liegt. Bei der nächsten Fed-Sitzung werden die Oktober und November-Zahlen voraussichtlich immer noch fehlen, so dass eine Wissenslücke von zwei Monaten da ist, die eine klare Entscheidung erschwert. Diejenigen Mitglieder der Fed, die in den vergangenen Wochen Signale gesendet haben, dass man im Dezember stillhalten will, werden in jedem Fall diese Arbeitsmarktdaten als Bestätigung für ihre Skepsis gegenüber einer weiteren Lockerung der Geldpolitik werten."
BASTIAN HEPPERLE, HAUCK AUFHÄUSER LAMPE PRIVATBANK:
"Der Beschäftigungsanstieg wird wieder einmal vor allem vom Dienstleistungssektor getragen. Aufgrund des Shutdowns besteht aber weiterhin dichter Datennebel, der sich nur langsam lichtet. Der Oktober-Arbeitsmarktbericht entfällt komplett. In Teilen geht er im November-Bericht auf, der aber erst etwas später zur Verfügung steht. Zeitnähere Indikatoren deuten auf eine schwächere Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt hin. Beschäftigungszuwächse werden künftig spürbar schwächer ausfallen. Der Fed werden zur Dezember-Sitzung wichtige Daten fehlen. Eine Leitzinssenkung steht damit auf wackeligen Füßen, ließe sich aber als Vorsichtsmaßnahme allemal verkaufen."
RALF UMLAUF, HELABA:
"Das Stellenplus in der US-Wirtschaft fällt signifikant größer aus als erwartet. Die Arbeitslosenquote aber ist leicht gestiegen, liegt jedoch auf einem im historischen Vergleich niedrigen Niveau. Die Unterbeschäftigungsquote hat dagegen nachgegeben. Derweil ist die Lohnentwicklung weiterhin dynamisch und die Jahresrate hat auf 3,8 Prozent zugelegt. Solide präsentierten sich auch die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe, die in der letzten Woche bei 220 Tsd. lagen und damit auf einem eher niedrigen Niveau. Die Zinssenkungserwartungen bezüglich der Fed sollten damit unseres Erachtens nochmals einen Dämpfer erhalten."