Frankfurt/Berlin, 24. Jul (Reuters) - Die Europäische Zentralbank (EZB) behält den in diesem Jahr stark aufgewerteten Euro nach den Worten ihrer Präsidentin Christine Lagarde im Auge. "Wir verfolgen kein Wechselkursziel", sagte die Französin am Donnerstag nach dem Zinsentscheid vor der Presse in Frankfurt. "Wir beobachten den Wechselkurs jedoch, da er für unsere Inflationsprognose von Bedeutung ist."
Spitzenvertreter der EZB hatten kürzlich vor negativen Folgen eines weiter steigenden Euro für die Wirtschaft gewarnt. Nach den Worten von EZB-Vizepräsident Luis de Guindos kann die Zentralbank zwar über einen Anstieg des Euro bis auf 1,20 Dollar weitgehend hinwegsehen. Darüber hinaus werde es aber "viel komplizierter", warnte der Spanier. Lagarde verwies auf dessen Aussage, wonach der Wechselkurs bei der Inflationsprognose berücksichtigt werde. "Was unsere Botschaft zum Wechselkurs betrifft, sind wir uns da vollkommen einig", fügte die EZB-Chefin hinzu.
Die europäische Gemeinschaftswährung wurde zuletzt bei rund 1,1750 Dollar gehandelt. Sie hat seit Jahresbeginn um rund zwölf Prozent aufgewertet, was Importe in die Euro-Zone verbilligt und damit tendenziell den Inflationsdruck mindert. Die kräftige Aufwertung bereitet zugleich den exportorientierten Unternehmen in Deutschland zunehmend Sorgen.
"In der Ferienzeit ist die Stärke des Euro zwar schön für deutsche Touristen, die außerhalb des Euroraums Urlaub machen", sagte der Außenwirtschaftschef der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Volker Treier, der Nachrichtenagentur Reuters. "Für unsere exportorientierten Unternehmen stellt dies jedoch eine Belastung dar." Ein starker Euro bedeute, dass etwa die USA als wichtigster Handelspartner deutlich mehr für deutsche Produkte bezahlen müssten. Handelsstreit und Zollandrohungen hätten den Export in die Vereinigten Staaten bereits einbrechen lassen. Im Mai waren die deutschen Ausfuhren in die weltgrößte Volkswirtschaft auf den niedrigsten Monatswert seit mehr als drei Jahren gefallen. "Sollte die Unsicherheit und die Belastungen durch die US-Zollpolitik andauern, könnte das die Exporte der deutschen Industrie allein in die USA um knapp eine Milliarde Euro pro Monat drücken", warnte Treier. "Eine zusätzliche, sich verfestigende Dollarschwäche und damit gleichzeitige Euro-Verteuerung könnte diesen Effekt sogar noch verstärken."