Washington, 18. Jun (Reuters) - Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) hält den Leitzins weiter hoch. Die Währungshüter um Fed-Chef Jerome Powell beließen ihn am Mittwoch in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent. In diesem Bereich liegt er bereits seit Dezember - sehr zum Ärger von US-Präsident Donald Trump. Dieser überzog den Zentralbankchef kurz vor dem Zinsentscheid erneut mit Kritik und redete niedrigeren Zinsen das Wort. Volkswirte äußerten sich in ersten Reaktionen zum Zinsbeschluss:
ROBERT LIND, CAPITAL GROUP
"Die Entscheidung der US-Notenbank, die Zinsen unverändert zu lassen, unterstreicht das empfindliche Gleichgewicht, das sie angesichts anhaltender Inflation, einer sich verlangsamenden US-Wirtschaft und zunehmender politischer Unsicherheit wahren muss. Während Zölle und geopolitische Spannungen die Stimmung und wirtschaftliche Aktivität belasten, halten wir es für entscheidend, sich weiterhin auf langfristige Fundamentaldaten zu konzentrieren. Die Geschichte zeigt, dass sich Märkte anpassen und erholen können – selbst angesichts erheblicher Störungen."
ELMAR VÖLKER, LBBW
"Die US-Notenbanker halten ihren Leitzins seit nunmehr sechs Monaten konstant. Für den späteren Jahresverlauf peilt die Fed weiterhin eine Rückkehr zu Zinssenkungen an, denn die geldpolitische Ausrichtung bremst nach überwiegender Einschätzung noch immer die US-Konjunktur. Und Letztere befindet sich dank der erheblichen Störfeuer durch die Politik von Donald Trump längst nicht mehr in einem so robusten Zustand wie Ende vergangenen Jahres, als die Fed letztmals ihre Zinsen gesenkt hat. Gewachsen sind seither jedoch nicht nur die konjunkturellen Abwärtsrisiken, sondern auch die Aufwärtsrisiken für die Inflation. Die jüngste militärische Eskalation im Nahen Osten birgt das Potenzial, dieses 'Konjunktur-Inflations-Dilemma' der Fed weiter zu verschärfen. Da das genaue Ausmaß der Inflationswirkung durch Trumps Zollpolitik weiter im Nebel des Ungewissheit schwebt, ist nach unserer Auffassung eine schnelle Abkehr von der geldpolitischen Wartestellung nicht in Sicht. Wir erwarten, dass die Fed bis zum Jahresende an ihrem aktuellen Leitzinsniveau festhält."
ALEXANDER KRÜGER, HAUCK AUFHÄUSER LAMPE PRIVATBANK AG
"Trump muss sich bezüglich Leitzinssenkungen weiter hinten anstellen. Diesbezüglichen Forderungen hat die Fed jedenfalls erneut eine Absage erteilt. Die Notenbank bleibt standhaft und wartet weitere Daten ab. Das macht Sinn, ist die Unsicherheit wegen der US-Zollpolitik und Geopolitik doch hoch. Außerdem zeichnet sich ein kapazitätssenkender Konjunkturabsturz nicht ab und das Inflationsgespenst spukt. Die US-Zollpolitik dürfte der Wirtschaft weiter Sand ins Getriebe werfen. Eine anhaltend restriktive Geldpolitik dürfte die Fed daher auf Dauer kaum für notwendig halten. Im Hintergrund dürfte das Warm-up für eine Zinssenkung im September bereits laufen."
MICHAEL HEISE, HQ Trust:
"Die Zurückhaltung der Notenbank ist gut begründet, da in den kommenden Monaten wieder mit höheren Preissteigerungen zu rechnen ist. (...) Die erhöhten Zölle auf US-Importe werden Umfragen zufolge weitestgehend in die Absatzpreise überwälzt werden und daher von den Konsumenten zu tragen sein."
"Für unerwünschte Preissteigerungen kann es aber noch weitere Gründe geben: die Störung von Lieferketten, etwa bei seltenen Erden, den kräftigen Anstieg der Frachtraten im Überseehandel oder einen raschen Ölpreisanstieg im Zusammenhang mit dem Konflikt zwischen Israel und dem Iran. (...) Prognosen der Leitzinsentwicklung sind derzeit angesichts der unklaren Zollpolitik und vieler exogener Faktoren sehr unsicher. Mehr als ein Schritt bis Jahresende scheint derzeit aber nicht drin zu sein."