Frankfurt, 03. Apr (Reuters) - Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle auf Waren aus fast allen Ländern sind ein Schlag für die weltweit vernetzte Chip-Industrie. Zwar sind Halbleiter bislang von den Ausfuhr-Gebühren zwischen zehn und fünfzig Prozent ausgenommen, die die USA künftig auf Importe erheben wollen. Aber Chips werden in allen elektronischen Geräten verbaut, egal ob Smartphones, Spielekonsolen, Autos oder Roboter, und sind Teil von ausgeklügelten Lieferketten, die sich oft über mehrere Länder erstrecken. Indirekt ist die Branche also doch betroffen - und es ist offen, ob die US-Regierung nicht doch noch direkte Zölle auf Halbleiter-Importe verhängen wird. Der europäische Technologie-Index.SX8P gab am Donnerstag jedenfalls fast drei Prozent nach und notierte auf dem niedrigsten Stand seit Ende November.
Die USA wollen einen Basiszoll von zehn Prozent auf alle Importe verhängen, bei Waren aus Ländern mit besonders hohen Handelsdefiziten gelten zum Teil deutlich höhere Sätze. Besonders asiatische Waren werden getroffen: Auf Importe aus China soll ab dem 9. April ein Zoll von 34 Prozent gelten, für Waren aus Taiwan 32 Prozent, aus Südkorea 25 Prozent, aus Vietnam sogar 46 Prozent. Taiwan bezeichnete die Zölle als unvernünftig. Ein Grund für das hohe Handelsdefizit mit den USA sei die hohe Nachfrage nach Halbleitern aus den Vereinigten Staaten und auch die Tatsache, dass die USA gegen China mit Zöllen und Kontrollen vorgegangen seien. Das habe zu einer Verlagerung der Lieferketten nach Taiwan geführt.
ELEKTRONIK WIRD TEURER
Branchenexperten erwarten, dass die Zölle etablierte Lieferketten für Hersteller von Chips, Smartphones, PCs oder Servern stören. An der Wall Street rutschten die Anteilsscheine von AppleAAPL.O, NvidiaNVDA.O & Co teilweise deshalb um mehr als sechs Prozent ab. Viele der US-Technologiekonzerne lassen etwa ihre Chips beim taiwanischen Konzern TSMC2330.TW fertigen. Den südkoreanischen Elektronik-Konzernen Samsung005930.KS und LG Electronics066570.KS bereiten eher die Zölle auf vietnamesische Waren Sorgen. Sie betreiben mehrere Werke in dem südostasiatischen Land. In den USA könnten die steigenden Preise unter anderem den Bau neuer Rechenzentren für Künstliche Intelligenz (KI) bremsen.
Gelassener kann der Münchener Chip-Hersteller Infineon sein. "Bei InfineonIFXGn.DE sind kaum direkte Auswirkungen zu erwarten, sagte ein Börsianer am Donnerstag. "Das Geschäft wird wohl eher indirekt über eine mögliche Abkühlung der Weltwirtschaft belastet." Der Münchener Konzern hatte im Februar zwar den Verkauf seines Werkes im US-Bundesstaat Texas angekündigt. Er vereinbarte aber mit dem künftigen Betreiber SkyWater ein langjähriges Lieferabkommen. Infineon-Aktien fielen dennoch zeitweise um knapp fünf Prozent. Die Titel des niederländisch-französischen Rivalen STMicroSTMPA.PA gaben vier Prozent auf ein Fünf-Jahres-Tief von 19,14 Euro ab.
Die Aktien des österreichischen Leiterplattenherstellers AT&SATSV.VI brachen um fast sechs Prozent ein. Dabei sieht sich das Unternehmen nur indirekt betroffen. Aber wenn europäische Autos mit den Leiterplatten von AT&S in den USA mit einem Zollsatz von 25 Prozent belegt werden, drückt dies die Nachfrage nach diesen Autos und damit auch nach den AT&S-Produkten.
INVESTITIONEN SOLLEN VERHANDLUNGSPOSITION VERBESSERN
In Erwartung der neuen Trump-Zölle haben einige Firmen in den vergangenen Monaten massive Investitionen in den USA angekündigt. Allein TSMC will hierfür bis zu 165 Milliarden Dollar ausgeben. Bei Apple summieren sich die Gelder auf 500 Milliarden Dollar. Dies sollte dem iPhone-Anbieter dabei helfen, von der US-Regierung eine Ausnahmegenehmigung zu erhalten, schrieben die Analysten der Investmentbank Jefferies. Sollte er aber anders als während Trumps erster Amtszeit nicht von zusätzlichen Abgaben ausgenommen werden, müsse mit Gewinneinbußen von 14 Prozent gerechnet werden. Apple verkauft jährlich etwa 76 Millionen iPhones in den USA. Etwa 85 Prozent davon werden in China zusammengebaut. Der Rest kommt meist aus Indien.
Die Reaktionen aus der Politik auf Trumps Vorgehen sind ebenfalls unterschiedlich: Während der amtierende südkoreanische Präsident Han Duck-soo die Belastungen für die heimische Wirtschaft durch Verhandlungen abmildern will, kündigte die Europäische Union (EU) Gegenmaßnahmen an. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck schloss dabei auch ein Vorgehen gegen die US-Technologiekonzerne nicht aus.
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