
Düsseldorf, 27. Okt (Reuters) - Der Chef des Chemiekonzerns EvonikEVKn.DE, Christian Kullmann, warnt vor den Folgen steigender Kosten durch den Emissionshandel und mahnt rasche Konsequenzen an. "Das CO2-Gebührensystem muss weg, mindestens aber drastisch reformiert werden", sagte Kullmann in einem am Montag veröffentlichten Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Viele Industrieunternehmen steckten in der Krise, sie litten unter hohen Kosten für Energie und Rohstoffe. "In dieser Krise kommt die CO2-Gebühr noch obendrauf und benachteiligt die europäische Industrie zusätzlich im internationalen Wettbewerb", sagte er. Zugleich importiere Europa "massenweise Produkte aus Ländern mit echten CO2-Schleudern". Er halte diese Entwicklung "sehr gefährlich für unsere Industrie, für unseren Wohlstand und für unser Wachstum".
Die Idee, den CO2-Ausstoß zu bepreisen und so den Klimawandel zu bekämpfen, sei zwar "großartig, sie funktioniert aber nicht in der Realität", sagte der Evonik-Chef weiter. "So ein System kann nur funktionieren, wenn der Rest der Welt mitmacht und wir damit ein vergleichbares Wettbewerbsumfeld haben", betonte er. "Der Rest der Welt macht aber nicht mit." Auch ein Klimazoll, der die EU vor Umweltdumping schützen könne, werde nicht funktionieren. Dafür sei die EU zu schwach, wie das jüngste Zollabkommen mit den USA zeige. "Wir erleben gerade einen Epochenwandel." Jeder kämpfe für sich, die Industrienationen lösten die globalen Probleme nicht mehr gemeinsam.
Der Evonik-Chef appellierte an die Politik, zunächst die Vergabe von kostenlosen Zertifikaten an die Industrie zu verlängern. Um die Kosten zu drücken, müsse dann die Gesamtheit der CO2-Zertifikate vergrößert oder der Preis reduziert werden.
Der EU-Emissionshandel (ETS) sieht vor, die kostenlose Zuteilung von CO2-Zertifikaten bis 2034 schrittweise abzuschaffen und bis 2039 Nullemissionen zu erreichen. Zahlreiche Unternehmen aus Branchen wie Chemie oder Stahl hatten gefordert, die kostenlose Zuteilung von Emissionszertifikaten über die geltenden Fristen hinaus zu verlängern.