Berlin, 30. Apr (Reuters) - Billigere Energie hat die Inflationsrate in Deutschland auf den niedrigsten Stand seit einem halben Jahr gedrückt. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich im April nur noch um 2,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch zu seiner ersten Schätzung mitteilte. Das ist der niedrigste Wert seit Oktober 2024. Im März waren die Verbraucherpreise noch um 2,2 Prozent gestiegen. Von März auf April zogen sie Preise um 0,4 Prozent an.
Analysten sagten zu den Daten in ersten Reaktionen:
SILKE TOBER, GEWERKSCHAFTSNAHES IMK-INSTITUT:
"Auch im Euroraum insgesamt dürfte sich die Inflationsrate weiter normalisiert haben. Zugleich hält aber die Wirtschaftsschwäche an, über die auch das leicht positive Wachstum im ersten Quartal nicht hinwegtäuschen kann. Die Risiken für die Konjunktur und die Finanzstabilität haben infolge der drastischen und erratischen Zollpolitik des US-Präsidenten deutlich zugenommen. Zusätzlich zu den Zöllen dämpft auch die Euro-Aufwertung die Exporte. Mit dem Ziel, die Binnennachfrage zu stärken und einer weiteren Aufwertung entgegenzuwirken, sollte die Europäische Zentralbank daher zeitnah weitere Zinssenkungen ankündigen."
MARCO WAGNER, COMMERZBANK:
"Während sich das Plus bei den Waren (ohne Energie und Nahrungsmittel) in Grenzen hielt, hat die Teuerungsrate bei den Dienstleistungen deutlich zugenommen. Letztere hat damit ihren in den beiden vorhergehenden Monaten verzeichneten Rückgang wieder wettgemacht. Offensichtlich schieben die weiter recht kräftigen Lohnsteigerungen die Teuerung in diesem arbeitsintensiven Sektor immer noch stärker an, als es zuletzt den Anschein hatte. In den kommenden Monaten dürfte sich die Inflationsrate auf einem ähnlichen Niveau wie im April bewegen."
MICHAEL HEISE, CHEFÖKONOM HQ TRUST:
"Für Freude bei den Verbrauchern werden die Zahlen nicht sorgen: Dienstleistungen und Nahrungsmittel sind deutlich teurer geworden. Enttäuschend ist zudem, dass die Kerninflation, die Energie- und Nahrungsmittelpreise ausklammert, sogar wieder deutlich auf 2,9 Prozent gestiegen ist. Die hohe Kerninflation zeigt, dass die schwache Entwicklung der deutschen Konjunktur, die sich auch im ersten Quartal fortgesetzt hat, den Preisanstieg bislang nur wenig dämpft. Die neue Regierung könnte einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung der Preise leisten, indem sie auf eine Entlastung der Wirtschaft bei Abgaben und anderen Kostenfaktoren hinwirkt."
FRIEDRICH HEINEMANN, ZEW-INSTITUT:
"Momentan verhindert die Inflation bei den Lebensmitteln und Dienstleistungen noch ein rascheres Absinken der Inflationsrate. US-Präsident Donald Trumps wirre Handelspolitik könnte in den kommenden Monaten in Deutschland für mehr Preisstabilität sorgen: Der Vertrauensverlust für den Dollar stärkt den Euro und macht Importe billiger. Außerdem wird zollbedingt das Angebot an günstigen asiatischen Waren in Europa zunehmen. Zudem dämpft die erratische US-Politik die globale Wirtschaft, das trifft die deutsche Konjunktur und wirkt daher ebenfalls preisdämpfend."